Argentinien: Große Hoffnungen, fragile Grundlagen

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DPAM Kommentar von Michaël Vander Elst vom 04.06.2025

Michaël Vander Elst, Fondsmanager bei DPAM, nimmt ein wichtiges Schwellenland ins Visier – Argentinien:

Die Bedenken gegen eine Präsidentschaft von Javier Milei waren groß. Kritiker warnten vor einem beschleunigten wirtschaftlichen Niedergang des Landes. Mithilfe einflussreicher Gouverneure, wackeliger Koalitionen im Parlament und der Ausdehnung der Macht der Exekutive über ihre Grenzen hinaus setzte Milei einen dreistufigen Plan zur vollständigen Umgestaltung der argentinischen Wirtschaft durch.

In einer anfänglichen „Schocktherapie“ wurde die eigene Währung massiv abgewertet, um sie stärker an die Marktkurse anzupassen und den Schwarzmarkt auszutrocknen. In Verbindung mit Steuerreformen führte dies zu einer stärkeren Exportausrichtung der Wirtschaft. Preisobergrenzen wurden aufgehoben, u.a. für Mieten und öffentliche Versorgungsleistungen. Die Staatsausgaben wurden drastisch reduziert, tausende Beamte wurden entlassen, Sozialausgaben gekürzt, Subventionen gestrichen und öffentliche Bauvorhaben aufgegeben. Die Regierung halbierte die Zahl der Ministerien, lockerte das Arbeitsrecht und machte den Weg frei für umfassende Privatisierungen. Die Folge: Argentiniens erster Haushaltsüberschuss seit über einem Jahrzehnt. Die Abwertung des Pesos trieb die Inflation zunächst auf 25,5 % - bis Januar 2025 sank sie jedoch auf ein Dreijahres-Tief von 2,2 %. Die Armutsquote stieg bis Anfang 2024 auf erschreckende 55 % und fiel später auf 38 %.

Die zweite Phase der Wirtschaftsreformen hatte ab Juni 2024 die Währungsstabilisierung und Finanzreformen zum Ziel. Frühere Notfallmaßnahmen wurden institutionalisiert und neue fiskal- und geldpolitische Maßnahmen eingeführt. Die Verantwortung für bestimmte Zinszahlungen wechselte von der Zentralbank auf das Finanzministerium. Vor den Reformen zahlte die Zentralbank lokalen Banken hohe Zinsen, damit sie ihr Geld dort parken, anstatt es zu verleihen. Dies sollte die Geldmenge reduzieren und die Inflation eindämmen, erwies sich jedoch als kurzsichtig. Die Zentralbank finanzierte diese hohen Zinszahlungen hauptsächlich durch neu gedrucktes Geld, was die Inflation, die sie bekämpfen wollte, noch verschlimmerte. Durch die Übertragung der Zinslast auf das Finanzministerium musste die Zentralbank kein Geld mehr drucken, um diesen Verpflichtungen nachzukommen. Sie konnte jetzt die Zinsen anheben, ohne die Wirtschaft zu destabilisieren.

Im April 2025 begann die (dritte) Phase der Währungsliberalisierung und der globalen Integration. Ein einheitlicher Wechselkurs wurde eingeführt, wobei die Bandbreite zwischen Peso und USD jeden Monat um 1 % erweitert wird, um den Devisenmarkt schrittweise zu öffnen. Gleichzeitig werden die bisherigen Devisenkontrollen für Privatpersonen aufgehoben. Unternehmen können Gewinne inzwischen problemlos ins Ausland transferieren. Um diesen Übergang zu unterstützen, druckt die Zentralbank kein Geld mehr, um Staatsausgaben zu finanzieren oder Zinsen für ihre Schulden zu zahlen. Abkommen mit dem IWF und internationalen Kreditgebern werden die Liquiditätsreserven der Zentralbank um über 20 Milliarden USD erhöhen.

Schmerzhaftes Wachstum

Auf dem Papier zeigen Mileis Reformen erste Ergebnisse; das Bild ist jedoch unvollständig. Die langfristigen Gewinne aus den drastischen Maßnahmen gehen mit einem starken Rückgang des Lebensstandards einher. Die Gesundheitskosten sind emporgeschnellt, die Renten wurden gekürzt und viele Sozialprogramme abgebaut. Der Massenkonsum ging im Februar 2025 gegenüber dem Vorjahr um 10,2 % zurück; das war der fünfzehnte Rückgang in Folge. Selbst der durchschnittliche Rindfleischkonsum ging drastisch zurück.

Außerdem musste Milei seine Reformen mit harter Hand gegen öffentlichen Protest und mit ausgeweiteten Exekutivbefugnissen durchsetzen. Kritiker warnen vor einer Erosion der demokratischen Institutionen. Darüber hinaus sorgen Krypto- und Politskandale dafür, dass Mileis Zustimmung stetig sinkt.

Richtungswahlen am 26. Oktober

Die Zwischenwahlen werden für die Zukunft des Präsidenten und seine Reformagenda entscheidend sein. Sollte Mileis Partei LLA nicht genügend Sitze erringen, könnten die Oppositionsparteien das Ende von Mileis Machtkonzentration fordern oder sogar ein Amtsenthebungsverfahren anstreben. Der Kongress könnte seine Befugnisse einschränken und Milei zu Verhandlungen zwingen.

Wenn sowohl die LLA als auch Milei das Vertrauen der Öffentlichkeit aufrechterhalten, Skandale vermeiden und autoritäre Übergriffe unterlassen, sieht Argentiniens Zukunft günstig aus. Die positiven Effekte der Reformen dürften mit einem Umschwung im Energiesektor zusammenfallen. Mit der Erschließung riesiger Öl- und Gasfelder hat Argentinien ein Energiedefizit von 4,5 Mrd. USD im Jahr 2022 in einen Überschuss von 5,6 Mrd. USD verwandelt, der bis 2030 auf bis zu 20 Mrd. USD ansteigen dürfte. Pipelines werden ausgebaut und LNG-Infrastrukturen entstehen, sodass sich Argentinien als wichtiger Exporteur in Stellung bringen kann. Neue Lithium- und Kupferprojekte könnten in den nächsten zehn Jahren Exportumsätze in Milliardenhöhe generieren.

Fazit: Die Entwicklung Argentiniens ist vielversprechend, doch die Grundlagen sind nach wie vor fragil. Ob sich Mileis dreistufiges Glücksspiel letztlich auszahlt, wird weitgehend von den wirtschaftlichen Ergebnissen, der politischen Widerstandsfähigkeit und der Toleranz der Bevölkerung abhängen.

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