Greiffbar – Investments zum Anfassen vom 15.08.2025
Brieftaube
Der August, sonst ein notorischer Launebär an den Börsen, tritt dieses Jahr als Rampensau auf. Historisch normalerweise schwach, im Schnitt minus 2 % am deutschen Aktienmarkt, präsentiert er sich 2025 als Bote der Rekorde: Bitcoin, S&P, Nasdaq und Nikkei auf Allzeithochs, der DAX im Sprintmodus. Absender dieser frohen Botschaft ist nicht etwa die gute Wirtschaftslage selbst, sondern US-Finanzminister Scott Bessent, der lautstark eine halbe Zinssenkung im September fordert. Diese Botschaft flattert wie eine Brieftaube um die Welt und in ihrem Schnabel zusätzlich die Kunde einer US-Inflation von aktuell 2,7 %. Weniger als erwartet und auf gleicher Flughöhe wie im Vormonat. Anleger, die im Juli noch Sommerloch-Korrekturen witterten, staunen über das Tempo, mit dem diese Nachricht das Börsenklima verändert hat, nicht schlecht. Und wie es sich für einen geflügelten Börsenboten gehört, landet die Brieftaube nicht nur auf dem Dach, sondern auch direkt in den Orderbüchern der Börsen. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet der August seinen Schnabel so voll nimmt?
Friedenstaube
Zwischen Washington und Moskau werden zarte Friedenssignale gesendet und die Börsen hören jedes Gurren. Verteidigungswerte wie Rheinmetall, RENK und Hensoldt geben diese Woche bis zu 5 % ab, als hätte man ihnen plötzlich die Flügel gestutzt. Die Rüstungsindustrie wirkt verdutzt, während die Friedentaube sanft über die Kurstafeln schwebt und Anleger an friedlichere Zeiten erinnert. Gleichzeitig sorgt das Trump-Putin-Treffen für zusätzliche Spekulation: Kommt tatsächlich ein physischer und politischer Waffenstillstand? Wenn ja, könnte der Markt die Rüstungsaktien so schnell fallen lassen wie eine Taube den Ast beim Startflug. Wobei sich für jeden Investor die Frage stellt: Wie halte ich es mit Rüstungsaktien in meinem Depot. Ich habe dazu eine klare Meinung und im Finance-Fight-Club darüber gestritten. Hier das Video dazu: Rüstungsaktien 2025: Mega-Chance oder moralisches Risiko? Und so könnte die Friedenstaube zum Symbol für das Restjahr werden, selbst wenn noch ein paar Falken in den Bäumen sitzen. Apropos Tauben und Falken:
Turteltaube
In der Geldpolitik der Notenbanken stehen sich die Falken und Tauben gegenüber und US-Notenbankchef Jerome Powell scheint gerade auf Werbetour bei den dovischen Kollegen zu sein. US-Finanzminister Scott Bessent wirbt mit fast schon turtelndem Charme für eine kräftige Zinssenkung im September, als wolle er die Märkte mit einem Strauß niedriger Renditen becircen. Der Bitcoin kreist dabei wie ein ungeduldiger Krypto-Adler über der Szenerie, frisch vom Allzeithoch bei knapp 124.500 Dollar. Parallel tüfteln die USA an klaren Krypto-Regeln und prüfen eine weitere staatliche Bitcoin-Reserve, Liebesbriefe an die Risikofreude der Anleger. Wer hier nur auf Zinsprognosen schaut übersieht, dass die Turteltaube längst ein Nest gebaut hat: aus Geldpolitik, Krypto-Hype und einer gehörigen Portion Marktromantik. Wem das alles gleichgültig ist, der hat sich womöglich an der Kursexplosion bei Cannabisaktien berauscht. Tilray, Curaleaf und Co, Werte, die längst an der Börse abgeraucht waren, gehen eine neue Liaison mit Anlegern ein. Befeuert von Legalisierungsdebatten und Umsatzfantasien, turtelt die Politik mit den Cannabisanbietern heftiger als jeder Täuberich mit seiner Taube. Dieser August ist damit eine echt tierische Börsenrevue: Von der Brieftaube als Glücksbote über die Friedenstaube im Anflug bis zur Turteltaube im geldpolitischen Liebesnest der Notenbank und Bubatzindustrie. Die Taube, ein Federvieh, das mehr Höhenflug verspricht, als jedes Sommerloch eigentlich zulässt. Guten Flug.
Ihr Volker Schilling