Ein Monat mit schlechtem Ruf

Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 09.09.2022

Mit seinem klaren, kühlen Wetter und den herbstlich bunten Bäumen kann der September ein sehr schöner Monat sein. Bei Anlegern hat der September allerdings einen sehr viel schlechteren Ruf, denn seit 1945 hat der S&P in diesem Monat im Durchschnitt einen Verlust von -0,56% verzeichnet – verglichen mit einem durchschnittlichen Zugewinn von 0,70% über alle Monate des Jahres hinweg. Auf kurzfristige Trends aufzuspringen sollte man in der Regel besser professionellen Anlegern überlassen. Aber es lohnt sich, grob zu wissen, wie sich saisonale Muster an den Märkten bemerkbar machen.

In diesem Jahr könnte die Geldpolitik einen entscheidenden Einfluss darauf haben, ob chancenreiche Vermögenswerte zum Monatsende im Minus oder im Plus liegen. In vielen Ländern der Welt kämpfen die Zentralbanken derzeit gegen eine historische Inflationsbeschleunigung. Drei der großen Institute werden in diesem Monat Zinsentscheidungen bekanntgeben: die Europäische Zentralbank („EZB“) am 8. September, die Bank of England am 15. September und die USNotenbank Federal Reserve („Fed“) am 21. September. Alle drei werden ihre Leitzinsen wahrscheinlich um mindestens 50 Basispunkte („Bp.“) erhöhen und damit den raschesten Zinsanhebungskurs seit Jahrzehnten fortführen. Gleichzeitig beschleunigt die Fed das Tempo ihres quantitativen Straffungsprogramms auf 95 Milliarden US-Dollar im Monat, also knapp das doppelte Maximalvolumen wie in den Jahren 2017–2019.

Und wo bleiben die guten Nachrichten?
Einige Anleger haben sich bereits für einen geldpolitischen Kurswechsel im September positioniert. Nach den restriktiven Äußerungen des FedVorsitzenden Jerome Powell im vergangenen Monat gingen die Fed Funds Futures mit einer Wahrscheinlichkeit von knapp 75% von einem weiteren großen Zinsschritt um 75 Bp. bei der nächsten Sitzung des Offenmarktausschusses aus. Unklar ist aber, wie lange die Geldpolitik restriktiv bleiben wird, bis die Inflation sich dauerhaft verlangsamt.

Die Woche voraus

In der nächsten Woche stehen einige Schlüsseldaten im Kalender. Allen voran ist die US-Verbraucherpreisinflation im August zu nennen; die Zahlen werden am Dienstag veröffentlicht. Der Konsens geht davon aus, dass die sinkenden Benzinpreise die Gesamtrate im Vergleich zum Vormonat um 0,1% gedrückt haben – was durchaus begrüßenswert wäre. Allerdings dürfte der Preisauftrieb gegenüber dem Vormonat im Kernsegment mit +0,3% immer noch unangenehm hoch ausfallen, und aufgrund von Kalendereffekten könnten sich die Kern- und Gesamtinflation gegenüber dem Vorjahr erneut beschleunigen. Weitere wichtige Daten aus den USA sind die Produzentenpreise am Mittwoch, die Einzelhandelsumsätze am Donnerstag und die Verbraucherpreisinflationsprognosen der University of Michigan am Freitag.

In Europa ist die geldpolitische Entscheidung der Bank of England am Donnerstag das wichtigste Makroereignis der Woche. Darüber hinaus stehen der ZEW-Stimmungsindex für Deutschland am Dienstag, die Industrieproduktion im Euroraum am Mittwoch und die Handelsbilanzzahlen für den Euroraum am Donnerstag an.

In Asien werden die Anleger vor allem auf die Konjunkturdaten aus Japan achten: Industrieproduktion, Auftragseingänge im Maschinenbau, Einzelhandelsumsätze und internationaler Handel (Dienstag und Mittwoch). Da in China zuletzt wieder Covid-19-Lockdowns verhängt worden, ist auch der Donnerstag ein wichtiger Tag: Dann werden Daten zu Anlageinvestitionen, Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätzen in China veröffentlicht.

Technische Daten

Mit dem Beginn einer saisonalen Schwächephase im Jahresverlauf ist die Sommerrallye am Aktienmarkt ins Stocken geraten. Aus technischer Sicht wurden dadurch die Gewinne vom Juni und Juli etwa zur Hälfte wieder zunichte gemacht. Eine kurzfristig überverkaufte Lage könnte daher für eine vorübergehende Erholung sprechen. Die Positionierung der institutionellen Anleger hat sich verbessert, aber sie scheinen ihre Long-Positionen immer noch über Optionen abzusichern.
An den Märkten für physische Rohstoffe hat nach einem kräftigen Preisanstieg im Sommer eine Konsolidierung eingesetzt. Falls die Preise weiter sinken, könnten erneut Sorgen um die globale Nachfrage und wegen der Möglichkeit einer Rezession aufkommen. Wie heißt es sprichwörtlich so schön: „Gegen hohe Preise hilft nichts so gut wie hohe Preise.“

Lassen Sie es sich auch in diesem Monat gut gehen.

Greg Meier
Director, Senior Economist, Global Economics & Strategy

P.S. Mein besonderer Dank gilt unserem erfahrenen E&S-Markttechniker Steffen Schäfer.
 

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