Eine Herabstufung des US-Ratings zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt

DWS CIO View vom 02.08.2023

Sowohl aus Finanzmarktsicht als auch politisch enthielt die "Nachricht", dass Fitch die langfristigen Ratings der Vereinigten Staaten nun mit "AA+" bewertet, keine neuen Informationen und dürfte nur sehr geringe direkte Auswirkungen auf den Markt haben.

In gewisser Weise doch glückliches Timing

Sowohl aus kurzfristiger Marktsicht als auch aus politischer Sicht scheint die Entscheidung, das langfristige Rating der Vereinigten Staaten von "AAA" auf "AA+" herabzustufen, wenig bedeutsam. Zumindest in einer Hinsicht war der Zeitpunkt recht günstig gewählt. Ausgerechnet heute war es beruhigend, von den "außergewöhnlichen Stärken" des Landes zu lesen, die das Fitch-Rating weiterhin stützen: "Mehrere strukturelle Stärken untermauern die Ratings der Vereinigten Staaten. Dazu gehören die große, fortschrittliche, gut diversifizierte und einkommensstarke Wirtschaft, die durch ein dynamisches Geschäftsumfeld unterstützt wird. Entscheidend ist, dass der US-Dollar die wichtigste Reservewährung der Welt ist, was der Regierung eine außerordentliche Finanzierungsflexibilität verleiht.“1

Für viele Anleger von US-Staatsanleihen aus dem Ausland dürften dies kaum Neuigkeiten gewesen sein. Die Ansichten von Fitch über die eher negativen Aspekte der langfristigen Haushaltsaussichten waren ebenso wenig berichtenswert. Dennoch war es gut, an einem Tag voller anderer, potenziell beunruhigender Nachrichten aus Washington daran erinnert zu werden, falls sich jemand Sorgen zu machen beginnt (der asiatische Handel sah zunächst etwas wackelig aus).

Markt- und politische Auswirkungen

Abgesehen davon ist es schwer zu verstehen, warum Fitch Ratings jetzt gehandelt hat und nicht zu irgendeinem Zeitpunkt vor, während oder unmittelbar nach dem jüngsten Streit um die Schuldenobergrenze. Oder auch zu vielen anderen Zeitpunkten in den vergangenen 12 Jahren seit der Herabstufung durch S&P im Jahr 2011. Wir sind der Meinung, dass zumindest in Bezug auf die von Fitch erwähnte "Erosion der Regierungsführung" und die "wiederholten politischen Streitereien um die Schuldenobergrenze und Beschlüsse in letzter Minute, die das Vertrauen in die Haushaltsführung untergraben haben", das Schlimmste hinter uns liegen könnte.

Nichts davon ändert etwas an der Tatsache, dass die derzeitige Fiskalpolitik die USA auf einen unhaltbaren Pfad führt. Nach Angaben des Congressional Budget Office wird die Verschuldung der öffentlichen Hand nach derzeitiger Gesetzeslage von 97% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2022 auf 181% im Jahr 2053 ansteigen.2 Noch erschreckender ist, dass der aktuelle Haushaltssaldo (Juni) bei minus 8,5% des BIP liegt.3 Dies ist zum Teil auf verspätete Steuereinnahmen zurückzuführen. Doch selbst die in letzter Zeit übliche Rate von -5% des BIP hätte in einem anderen Land oder einer anderen Epoche sicherlich die Alarmglocken schrillen lassen, nicht zuletzt angesichts einer alternden US-Bevölkerung, die höhere Ausgaben, insbesondere im Gesundheitswesen, erfordern wird. Noch einmal: Weder die Blockaden des Kongresses in Bezug auf Gesetzesänderungen bei den Ausgaben für Sozialleistungen oder bei der Besteuerung noch die Nachteile möglicher "Alternativen", wie z. B. eine länger anhaltende Inflation, sollten für die Marktteilnehmer Neuigkeitswert haben.

Auswirkungen auf die Anlageklassen

In Anbetracht all dessen erwarten wir kaum direkte Auswirkungen auf die Märkte. Viele institutionellen Anleger haben seit der Herabstufung durch S&P im Jahr 2011 ihre Mandatsbedingungen anpasst, weshalb wir nun höchstens vereinzelt mit erzwungenen Verkäufen rechnen würden.4 Für Geldmarktfonds im Speziellen hat der US-Finanzmarktregulator (SEC) US-Staatspapiere als "zulässige Wertpapiere" ohne Bezugnahme auf Ratings eingestuft.5 Es ist auch erwähnenswert, dass die Herabstufung keine Auswirkungen auf andere mit AAA bewertete Wertpapiere hat, die von US-Einrichtungen ausgegeben werden, d. h. sie wird sich nicht direkt auf Anleihen auswirken, die von US-Bundesbehörden (mit Ausnahme des Finanzministeriums), staatlich geförderten Unternehmen oder US-Kommunen ausgegeben werden. Wir gehen daher davon aus, dass die Auswirkungen auf die Risikostimmung an den Devisen- und Aktienmärkten ebenfalls nur von kurzer Dauer sein werden. Langfristig könnte es jedoch zu geringfügigen Umschichtungen zugunsten von Anleihen anderer Länder kommen, die noch mit AAA bewertet sind.
 

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Fußnoten

1Fitch stuft Langfrist-Rating der Vereinigten Staaten von 'AAA' auf 'AA+' herab; Ausblick stabil (fitchratings.com)
2Siehe Link.
3Quelle: Bloomberg Finance L.P.; Daten des Finanzministeriums
4The Fitch fallout | Financial Times (ft.com)
5Darüber hinaus hat die SEC die Ratings der national anerkannten statistischen Rating-Organisationen (NRSRO) aus der Regel 2a-7 entfernt. Quelle: Siehe Datei.