Loys Capital Kolumne vom 05.08.2025
Wer die jüngsten Quartalsergebnisse der börsennotierten Unternehmen durchgeht, der wird einige interessante Branchencharakteristika sehen. Zu den Auffälligkeiten gehören die starken Ergebnisse der Banken- und Brokerindustrie. Wie sich dabei zeigt, erweist sich die hohe Volatilität an den Finanzmärkten als reicher Humus für die Handelsabteilungen der Bankenbranche.
Dabei ist zu bedenken, dass der Branche mit Kryptomünzen eine zusätzliche Handelseinheit zugefallen ist, die vor Jahren kaum eine Rolle gespielt hat. Ungeachtet der fehlenden Substanz hinter den meisten Kryptos vollzieht sich auf dem Feld ein enormer Handel. Man erinnert sich dabei an die vielsagende Antwort der Bank of America auf die Frage, warum man sich auf diesem Markt engagiere: „It is too big to ignore!“ Die älteren Semester werden sich indessen an die Aussage des damaligen Citigroup-Chefs Chuck Prince erinnern, der zur Erklärung der exponierten Position seiner Bank im Subprime-Geschäft zum Besten gab, man müsse weitertanzen, solange die Musik spiele.
Die Mentalität der Finanzinstitute mag sich insofern kaum geändert haben. Klar ist jedoch, dass der Markt handelbarer Finanzprodukte größer denn je und obendrein ein Wachstumsmarkt ist. Den Unternehmensberichten ist zu entnehmen, dass der Handel mit Aktien im ersten Halbjahr äußerst rege war. Entsprechend gute Zahlen legten Goldman Sachs, Morgan Stanley, BNP Paribas und Nomura Holdings vor, um nur einige wichtige Marktteilnehmer auf diesem Feld zu benennen. Besonders schwunghaft geht es seit Monaten auch bei festverzinslichen Papieren und vor allem Währungen zu. Die von Washington ausgehenden tektonischen Veränderungen des Welthandelsgefüges zeitigen auf diesen Märkten ihre Wirkung. Exponierte Häuser wie Citigroup oder Deutsche Bank meldeten sehr gute Geschäfte auf diesem Gebiet. Überdies wird mit einem Fortdauern der Dynamik gerechnet, zumal der 47. Präsident der Vereinigten Staaten noch dreieinhalb Jahre lang im Amt verweilen wird.
Zu den Auffälligkeiten im Brokerage-Geschäft zählt unter anderem der kometenhafte Aufstieg des US-Anbieters Robinhood. Das Unternehmen wurde 2013 gegründet und ging im Jahr 2021 an die Börse. Sein Marktwert beträgt mittlerweile fast 90 Milliarden US-Dollar und stellt damit die meisten etablierten Großbanken Europas deutlich in den Schatten. Das gilt erst recht für den Westküstenrivalen Charles Schwab, der während der großen Zinswende in eine leichte Schieflage geraten war. Die Aktie testet derzeit ihr Allzeithoch aus dem Jahr 2022. Ein Riese im Brokerage ist inzwischen auch Interactive Brokers aus Greenwich in Connecticut. Mit einer Marktkapitalisierung von knapp 110 Milliarden Dollar weist das Unternehmen einen Börsenwert auf, der fast an das wertvollste Finanzinstitut Europas heranreicht, die spanische Bank Santander, die ihrerseits auf einem Höchststand notiert.
Der Handelsboom ist durchaus ein weltweites Phänomen. Auch chinesische, japanische und britische Wertpapierhäuser melden gute Zahlen, wie z. B. Futu Securities aus Hongkong, Daiwa Securities aus Tokio und IG Group aus London. Dabei weisen die Unternehmen darauf hin, dass Privatanleger einen beachtlichen Teil zu den hohen Handelsumsätzen beisteuern.
Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns