Echiquier Space B: Viel mehr als Raketen und Satelliten
Weltraumtechnologie zählt traditionell zu den innovativsten Branchen. Die Digitalisierung sämtlicher Lebensbereiche, Künstliche Intelligenz, militärische Aufrüstung und die Interdependenz ziviler und militärischer Lösungen beschleunigen das Wachstum der Branche und vergrößern mit dem Anwendungsspektrum die Marktvolumen für die Unternehmen. John Korter, der bei der französischen Fondsgesellschaft La Financière de l'Echiquier (LFDE) als Head of European Sales für den gesamten Vertrieb in Europa außer Frankreich verantwortlich ist, gibt im Interview interessante Einblicke in die Geschäftsmodelle, Bewertungen und Aussichten der Portfoliounternehmen des Echiquier Space B. Auch Amazon spielt in dem ansonsten von Industrietiteln dominierten Fonds eine wichtige Rolle.
FondsSuperMarkt: Bereits im letzten Jahr haben Sie den ECHIQUIER SPACE B an dieser Stelle vorgestellt. Die meisten Unternehmen aus dem Fondsportfolio sind eher nur Spezialisten bekannt. Bitte geben Sie zu Beginn noch einmal einen Überblick über die konkreten Geschäftsmodelle, in die der von Ihnen gemanagte Fonds investiert.
John Korter: Unser Anlageuniversum besteht aus mehr als 200 Wertpapieren, die mittels unserer semantischen Algorithmen identifiziert wurden. Bei der Umsetzung unserer Strategie nutzen wir unsere Branchenkenntnisse und konzentrieren uns auf vier Profile: Akteure, die im Weltraum agieren (z.B. Erdbeobachtung, Weltraumerforschung, Greifarme, Weltraumschrottbeseitigung), Unternehmen, die zwischen Weltraum und Erde tätig sind (z.B. Telekommunikation, Raketenbetreiber), Firmen, die transversale Technologien für die Weltraumwirtschaft entwickeln (z.B. Cloud-Anbieter, Software, Simulatoren, Satellitenkomponenten) und schließlich die Unternehmen, die auf der Erde von der Weltraumwirtschaft maßgeblich profitieren (z.B. Versicherungsgesellschaften, Landwirtschaft, Klimaunternehmen). Unsere Favoriten sind die Unternehmen, die die innovativsten Ausrüstungen oder Lösungen bereitstellen, oder diejenigen, die von der Nutzung von Raumfahrtaktivitäten oder -daten den größten Schub erhalten könnten. Wir achten dabei auch genau auf ihre Wachstumsaussichten und Bewertungen. Unser Portfolio konzentriert sich auf Titel, die es uns ermöglichen dürften, langfristig an der mit dieser Revolution verbundenen Wertschöpfung teilzuhaben.
FondsSuperMarkt: Industrietitel bilden per Ende September mit über 60% die wichtigste Branche im Fondsportfolio. Wie hoch ist Militäranteil innerhalb dieses Sektors?
John Korter: Bis zu einer Billion US-Dollar könnte der Verteidigungshaushalt der USA im Jahr 2026 umfassen. Allein das symbolträchtige US-Raketenabwehrsystem „Golden Dome“ ist ein Mammutprojekt, das in den nächsten drei Jahren schätzungsweise 175 Milliarden US-Dollar verschlingen wird, und auch in Europa steigen die Ausgaben im Zusammenhang mit der Verteidigung deutlich. Dies kommt den Branchen zugute, die sich zwischen Verteidigungs- und Raumfahrtindustrie bewegen. Dieser Trend ist einer der Katalysatoren des strukturellen Wachstums des Weltraum-Ökosystems. Zahlreiche Akteure aus dem Verteidigungssektor widmen sich nun bedeutenden Raumfahrtaktivitäten nach dem Vorbild von BAE Systems oder des auf Trägerraketen spezialisierten italienischen Unternehmens Avio, das ca. 70 % seines Umsatzes mit Tätigkeiten im Verteidigungssektor erzielt. Ebenso verhält es sich mit Unternehmen, die vorwiegend im zivilen Bereich tätig sind, wie Thales, dessen Umsatz inzwischen zu 55 % in der Verteidigung erwirtschaftet wird. Das Weltraum-Ökosystem befindet sich mitten im Umbruch. Neben Herstellern von Trägerraketen, von Satelliten oder Mondmodulen, Lieferanten und Nutzern von Geodaten oder aber Technologieunternehmen, die für die Funktionsweise von Raketen und Satelliten entscheidende Bauteile und Software liefern, verdeutlichen auch Akteure aus dem Verteidigungsbereich die Dynamik des Sektors. Wir haben uns bewusst entschieden, an diesem Trend zu partizipieren, und derzeit sind ca. 50% des Portfolios direkt oder indirekt aus dem Verteidigungssektor mit bis dato sehr guten Ergebnissen.
FondsSuperMarkt: Der ECHIQUIER SPACE B folgt als Fonds mit Zulassung gemäß Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung auch nachhaltigen Investmentkriterien. Welche roten Linien beachten Sie im militärischen Bereich?
John Korter: Wir schließen grundsätzlich für alle Fonds unter anderem die Bereiche Tabak, Kraftwerkskohle, Glücksspiele, umstrittene Rüstungsgüter und kontroverse Waffen aus. Zudem dürfen die Unternehmen weder gegen die ethischen Standards des globalen Paktes der Vereinten Nationen noch gegen die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verstoßen. Wir haben eine interne Datenbank von 12.000 Unternehmen, mit der für jeden Titel Noten im Bereich ESG vergeben werden, und Unternehmen, die eine Gesamtnote von weniger als 3/10 haben, werden nicht in den Fonds aufgenommen.
FondsSuperMarkt: Rund ein Viertel des Portfolios entfallen per Ende September auf IT-Aktien, die somit die zweitgrößte Fraktion bilden. Welche Subsektoren aus dem IT-Bereich kommen für das Fondsportfolio infrage?
John Korter: Ein Subsektor ist die Software mit Lösungen zur Bildverarbeitung, Telekommunikation, GPS, Vermessungssysteme, 3D-Design, Präzisionslandwirtschaftslösungen, Flottenmanagement, Optimierung von Lieferketten und Routen und vieles mehr (Teledyne, Trimble). Ein anderer Bereich sind Halbleiterchips, ohne die keine Satelliten, Raketen und andere wichtige Bestandteile der Weltraumwirtschaft existieren würden (Nvidia, TSMC), sowie dazu die Cloud-Anbieter, wie Amazon oder Microsoft, um die enormen Mengen an Daten aus dem Weltraum speichern zu können, bevor diese verarbeitet werden können.
FondsSuperMarkt: Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz für den Fonds?
John Korter: Künstliche Intelligenz ist in einem Fonds wie dem Echiquier Space sehr präsent, denn die meisten Unternehmen im Portfolio sind mit diesem Megatrend eng verbunden oder sogar als Produkthersteller oder Dienstleister aktiv. Auf Fondsmanagementebene nutzen wir bei der Titelauswahl ebenfalls künstliche Intelligenz, um das Anlageuniversum von ca. 10.000 Titeln auf 200 im Bereich Weltraumwirtschaft zu reduzieren. Hier setzen wir zum Beispiel Filter in der Daten- und Dokumentensuche mit Hilfe von Bloombergs KI-Lösung, denn der Ausdruck „Space“ kommt z.B. auch in Berichten von Immobilienfirmen, die „Office-Space“ vermieten oder verkaufen, vor, ebenso wie das Wort „Satellit“ im Finanzsektor oder bei der Beschreibung von Ölquellen.
FondsSuperMarkt: Unter den zehn größten Aktien findet sich auch Amazon. Haben Sie die Aktie wegen des starken Cloud-Geschäft (Amazon Web Services) in den Fonds aufgenommen?
John Korter: Amazon ist im Bereich Weltraum bereits ein wichtiger Akteur, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so erscheint. In der Tat ist das Cloud-Geschäft mit AWS für die Daten aus dem Weltraum sehr wichtig, und es werden auch bereits Lösungen für Cloud-Speicher im Orbit erarbeitet. Zudem hat Amazon mit dem Projekt Kuiper die ersten Internetkommunikationssatelliten im Stile von Starlink (von Elon Musk) gestartet und wird somit in den kommenden Jahren dessen größter Konkurrent. Auch die Firma Blue Horizon von Amazon-Gründer Jeff Bezos verfügt über die Ressourcen von Amazon.
FondsSuperMarkt: Das Fonds-Factsheet weist ein sehr hohes durchschnittliches Kurs-Gewinn-Verhältnis von 39,6 aus. Sind alle Portfoliounternehmen aktuell bereits profitabel? Wie hoch ist das durchschnittliche Umsatz- und Gewinnwachstum der Unternehmen?
John Korter: In der Tat sind 95% der Unternehmen im Portfolio profitabel. Die Ausnahme sind zwei Börsengänge, die wir dieses Jahr begleitet haben (kleine Positionen im Fonds). Wir kalkulieren allerdings auch das KGV auf 3 Jahre, da es unserem Anlagehorizont im Portfolio entspricht. Dieses liegt bei 26,4 und ist somit ca. 10 Punkte unter den Jahren 2023 und 2024. Das durchschnittliche Wachstum (CAGR) liegt hier bei 12-14%.
FondsSuperMarkt: Können Sie abschätzen, welchen Prozentanteil staatliche Aufträge an den Umsätzen der Portfoliounternehmen haben?
John Korter: Wir schätzen den Anteil auf derzeit bei etwa 60%. Im Unterschied zu den vergangenen Jahrzenten werden diese jedoch mehrheitlich an private Unternehmen vergeben und von einer Vielzahl an Ländern, die nicht mehr nur die Großmächte sind. Ob im militärischen Bereich, bei Klimaforschung, Logistikwegeoptimierung, Erdbeobachtung, Kommunikation, Medizin - es sind sowohl staatliche wie auch Unternehmensaufträge vorhanden.
FondsSuperMarkt: Mit durchschnittlich 36,7% konnte der ECHIQUIER SPACE B in den letzten drei Jahren ein herausragendes Ergebnis erzielen. Insbesondere ab dem Sommer 2024 konnte er noch einmal deutlich den IT-Sektor hinter sich lassen, obwohl dieser sich ebenfalls stark entwickelt hat. Ist diese Outperformance vor allem dem Verteidigungsbereich zu verdanken?
John Korter: Sie ist auf hauptsächlich drei Faktoren zurückzuführen: einerseits auf die sehr gute Entwicklung im Halbleitersektor in diesem Jahr mit Unternehmen, die gute Ergebnisse erzielten, außerfdem auf einen neuen Schub bei der Software und selbstverständlich auf den Verteidigungssektor.
FondsSuperMarkt: Wo sehen Sie im aktuellen Marktumfeld Chancen und Risiken? Welche Rolle spielen Konjunkturzyklus, Geopolitik und Staatsverschuldung?
John Korter: Wir sehen weiterhin und trotz kurzzeitiger Volatilitätsphasen ein solides Wachstum in diesem Bereich. Der Weltraum ist inzwischen auch weltweit in der Politik zum Thema geworden, und das nicht zuletzt durch die geopolitische Lage und die steigenden Verteidigungsausgaben. Es werden permanent neue Trägerraketen entwickelt, die die Konkurrenz in diesem Bereich beleben, die Kosten senken und somit immer stärker für die Privatwirtschaft zugänglich werden, die ebenfalls über GPS-Daten, Satellitenbilder und andere Möglichkeiten den Nutzen des Weltraums für ein verbessertes Leben auf der Erde entdeckt haben oder in diesen Wirtschaftsbereich eingestiegen sind. Die größten Risiken sind eine starke, wenn auch unwahrscheinliche Reduzierung der staatlichen Ausgaben in dem Sektor und bei einigen Unternehmen, die besonders viel in Forschung und Entwicklung investieren, ein starker Anstieg der Zinsen. Allerdings ist der Fonds flexibel aufgestellt, was ihm erlaubt, sich schnell aus einigen Subsektoren zu verabschieden und/oder schnell in neue zu investieren, wie wir es beim Verteidigungssektor gezeigt haben.
Fondsdetails: Echiquier Space B (EUR)