Commodity Capital Artikel vom 21.11.2025
Inflation, Schulden, Geopolitik: Gold bleibt eines der meistdiskutierten Anlagegüter der Welt. Doch was treibt den Preis wirklich an? Im Gespräch erklärt Rohstoffexpertin Dana Kallasch, welche makroökonomischen und geopolitischen Trends derzeit den Goldmarkt prägen und warum Silber zum unterschätzten Hebel Portfolio werden könnte.
Makrotrends: Von Inflation bis Industrie
„Ein bisschen von allem“, antwortet Dana Kallasch auf die Frage, welche Faktoren derzeit den Goldpreis bestimmen. „Wobei die Zinsen zuletzt kaum Einfluss hatten."
Gold bleibe vor allem eines: ein sicherer Hafen und ein Statement. Das gelte gleichermaßen für private wie institutionelle Anleger.
Der Blick auf die Käuferseite zeigt zwei starke Trends: Einerseits bauen Zentralbanken weltweit ihre Goldreserven aus, um Währungen zu stützen und finanzielle Rücklagen zu stärken. Auffällig aktiv sind hier vor allem China und Polen. Andererseits wächst auch die private Nachfrage nach physischem Gold, Barren und Münzen.
Doch Gold ist längst nicht mehr nur Krisenwährung. „Die Industrie schafft gerade einen völlig neuen Markt für Edelmetalle“, betont Kallasch. „Ob KI, Energiewende oder Big-Data-Center – ohne Gold, Silber und andere seltene Rohstoffe geht gar nichts.“
Giganten wie Apple oder Nvidia verbrauchen jeweils rund acht bis zehn Tonnen Gold pro Jahr, eine Zahl, die den strukturellen Bedarf eindrucksvoll illustriert.
Geopolitik und Ent-Dollarisierung: Gold als Machtinstrument
Auch geopolitische Spannungen spielen eine zentrale Rolle. „Die stabilen Käufe von Zentralbanken und die anhaltende Nachfrage nach physischem Gold sind klare Indikatoren“, sagt Kallasch. Der Ukraine-Krieg, aber auch der schleichende Prozess der Ent-Dollarisierung hätten Gold zusätzlich in den Fokus gerückt.
Besonders auffällig: Chinas massiver Aufbau physischer Goldbestände. „China will die USA in allen Punkten als weltweite Führungsmacht ablösen“, so Kallasch.
Dafür müsse die Volksrepublik ihre Währungsreserven mit Gold hinterlegen. Während westliche Industriestaaten 60 bis 75 % ihrer Reserven durch Gold absichern, liegt China aktuell bei geschätzten unter 10 %. Der Nachholbedarf ist entsprechend groß, ebenso wie die Exportbeschränkungen: Ein Lizenzsystem limitiert Goldexporte praktisch auf null.
Gold: Attraktivität trotz Verknappung
Für westliche Anleger bleibt Gold nach Kallaschs Einschätzung hochattraktiv. „Gold wird in unterschiedlichsten Facetten gebraucht als Sicherheitsreserve, aber auch industriell in wachsendem Maß.“
Dass China kaum exportiert, sei seit Jahren bekannt und mache das Edelmetall nicht riskanter, sondern wertvoller. „Verknappung hilft dem Preis und ein hoher Goldpreis ermöglicht auch die Förderung kleinerer Lagerstätten weltweit.“
Während die jährliche Neuproduktion vor zehn Jahren bei einem Goldpreis von 1200 USD pro Unze bei 3100 Tonnen lag, sind es heute gerade einmal 400 Tonnen mehr also rund 3.600 Tonnen bei einem Preis von über 4000 USD pro Unze. Ein sehr moderater Anstieg von nur etwa 1,5 % pro Jahr trotz massiv gestiegener Preise.
Strategien im Fokus: Nachhaltige Mineninvestments
Als Fondsmanager investiert das Team der Commodity Capital AG direkt in Minenprojekte weltweit. „Wirtschaftliche Kennzahlen wie Goldgehalt, Abbaukosten und Infrastruktur sind entscheidend aber auch Soft Facts: die Akzeptanz in der Bevölkerung, das Managementteam und der Umgang mit Nachhaltigkeit.“
Gerade im Rohstoffsektor sei ESG ein sensibles Thema. „Für uns ist Nachhaltigkeit kein Entweder-oder, sondern ein Win-Win und ein wichtiger Teil des Risikomanagements.“
Beispiele nennt Kallasch gleich mehrere:
- Umwelt: Immer mehr Minen setzen auf Solar- oder Wasserkraft. In vielen Ländern werden neue Lizenzen nur noch bei Vorlage eines Wiederaufforstungsplans erteilt.
- Soziales: Faire Löhne verhindern Ausbeutung und fördern Stabilität.
- Governance: Klare Antikorruptionsrichtlinien senken langfristig Kosten und Risiken.
Kallasch betont: „Wir investieren nicht in politisch instabile Regionen oder Länder mit Kinderarbeit. Vor allem Afrikanische Länder kommen daher nicht infrage.“ Stattdessen liegt der Fokus auf Nordamerika, Australien, Europa und ausgewählten Projekten in Mittel- und Südamerika.
Silber: Das unterschätzte Edelmetall
Neben Gold sieht Kallasch großes Potenzial in Silber. „Etwa 60 % der weltweiten Silberproduktion fließen in industrielle Anwendungen rund 35 % in Elektronik, 25 % in Photovoltaik.“
Silber sei zugleich Wertaufbewahrungsmittel und „Gold des kleinen Mannes“.
Der Markt ist eng: Der weltweite Silberverbrauch übersteigt seit Jahren die Minen- und Recyclingproduktion Lagerbestände schrumpfen rapide. „Knappe Ressourcen bei steigender Nachfrage – das ist eine klassische, lukrative Kombination“, so Kallasch.
Reine Silberminen seien zwar selten, aber gerade das mache Silber langfristig besonders spannend.
Ausblick: Gold 10.000$?
Wie geht es weiter? „Wer heute noch kein oder wenig Edelmetall im Depot hat, ist nicht zu spät dran“, meint Kallasch. „Wir stehen erst am Anfang einer neuen Rohstoffrallye.“
Ihr Fonds setzt auf Minenwerte statt auf physisches Gold – eine ergänzende, diversifizierende Komponente für jedes Portfolio.
Und zur berühmten „Gold 10.000-Dollar“-Prognose? „Die Unze Gold wird sicher auf 10.000 US-Dollar steigen“, sagt sie mit einem Lächeln. „Nur wann, das ist die spannende Frage.“
Fazit:
Gold und Silber bleiben ein faszinierendes Zusammenspiel aus Emotion, Geopolitik und industrieller Notwendigkeit. Zwischen sicherem Hafen, strategischer Währungsreserve und Zukunftsrohstoff spiegelt es die tektonischen Verschiebungen der Weltwirtschaft wider und dürfte Anleger wie Analysten auch in Zukunft glänzend beschäftigen.