HAC Pfadfinderbrief vom 03.09.2025
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
in einem Vortrag erläuterte ich kürzlich, dass jedes Jahrzehnt an der Börse wie ein Musikstück ein bestimmtes „Thema“ hat Das Thema der 2010er Jahre waren bspw. FAANG-Aktien (Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google), getrieben vom Niedrigzinsumfeld. Das Thema der 2020er Jahre scheint KI zu werden, begleitet von den Ostinati hoher Inflation und geopolitischer Hitze. Die Zahl der angemeldeten Patente im KI-Bereich weltweit zeigt übrigens eindrucksvoll, dass China mit weitem Abstand vorne liegt und Europa weit abgeschlagen am anderen Ende. Das dürfte allerdings weniger überraschen als die Dominanz Chinas, wo doch die Anwendungen wie ChatGPT und Gemini von Google prädominant sichtbar sind. Im allgemeinen Umfeld von KI-Anwendungen dürfen wir jedoch nicht nur die sichtbaren Akteure wie Microsoft, Meta, Alphabet und Amazon betrachten.
Diese Unternehmen stellen zwar die Benutzeroberfläche und Algorithmen bereit, doch eine weitere zentrale Ressource ihres Betriebs liegt tiefer: in der essenziellen Infrastruktur aus Halbleiter-Technologie („Chips“) und allen voran Energie, um die Rechner zu befeuern. Das guilt für chinesische Modelle genauso wie für US-amerikanische. Führende Akteure wie Meta-CEO Mark Zuckerberg, mahnen bereits jetzt, dass „ausreichend Energie der entscheidende Engpass im Zeitalter von KI sein wird, nicht die Rechnerleistung“. Eine Perspektive, die den 20%-igen Kursrutsch von Nvidia im April in ein interessantes Licht rückt und auch Fragen in der Klimadiskussion aufwirft. Aber ist an der These etwas dran?
Weicht die Chip-Knappheit der Energie-Knappheit?
In den letzten paar Jahren hatte der Markt das Problem, dass Firmen keine Grafik-Prozessoren bekommen haben. Es war keine Frage des Geldes, davon war ausreichend da, sondern der Verfügbarkeit. Grund dafür waren die Lieferkettenunterbrechungen durch die Pandemie und blockierte Handelsrouten (z. B. Panama- und Suez-Kanal). Es gab also eine Angebotsknappheit. Das wird jetzt langsam weniger.
Im Zeitalter der KI angekommen, ergibt sich eine neue Knappheit, die eine alte Bekannte ist: Energie-Knappheit. Die Herausforderungen im Bereich Energie sind enorm. Moderne Datenzentren, die KI-Technologien unterstützen, können zwischen 50 und 500 Megawatt Strom verbrauchen, wobei der Bedarf mit fortschreitender Technologie tendenziell steigt. Zum Vergleich: Ein herkömmliches Atomkraftwerk hat eine Kapazität von etwa 1 Gigawatt und kann im Jahr mehrere Tausend Gigawattstunden erzeugen. Diese Energienachfrage verlangt einen massiven Ausbau der Energieinfrastruktur. Datenzentren könnten zukünftig direkt neben Kraftwerken gebaut werden.
Gegenwind für „KI“ und „Magnificent 7“
Doch wie schlagen sich diese Knappheiten auf hoch bewertete Technologiekonzerne nieder? Die großen Tech-Riesen haben als Thema der 2010er und bisherigen 2020er Jahre dominiert, weil ihr Umsatz bei nahezu gleichbleibenden Kosten skalierbar ist bzw. war. Negative oder niedrige Zinsen ließen zudem hohe KGVs zu, weil die Opportunitätskosten für Geld und damit der Diskontzinssatz quasi irrelevant waren.
Seit dem Ende der internationalen Finanzkrise profitierten Anleger von steigenden Unternehmensgewinnen, welche die Aktienkurse nach oben trieben. Doch nun drohen zwei entscheidende „Plot-Twists“ den Trend zu brechen.
Erstens: Aufgrund der oben beschriebenen Energie-Thematik könnten die Tech-Konzerne gezwungen werden, selbst ihre Kapitalausgaben („Capex“) für Daten-Center und die Infrastruktur zum Wachstum ihrer Technologie zu erhöhen. Das schränkt die Skalierbarkeit ihrer Geschäftsmodelle ein, die bei den enormen Bewertungen unterstellt wurde.
Zweitens: Aufgrund der überraschenden Resilienz der US-Wirtschaft wurde die Erwartung aus dem Januar von sechs Zinssenkungen in diesem Jahr pulverisiert. Stand jetzt gehen Marktteilnehmer nur noch von maximal einer Zinssenkung im November oder Dezember aus. Erste Stimmen sprechen von keiner Zinserhöhung in 2024. Die neuesten Inflationszahlen aus den USA von heute (erneuter Anstieg im März) sprechen ebenfalls gegen baldige FED-Zinssenkungen. „Higher-for-longer“ ist nicht gut für Big-Tech mit aufgeblähten KGVs.
Es mehren sich zudem die Anzeichen, dass trotz einer möglichen Lockerung der Geldpolitik die langfristigen Zinsen und Kapitalkosten nicht auf ihre historischen Tiefstände zurückfallen werden. Eine steilere Zinsstrukturkurve könnte die Kosten für Fremdkapital weiter erhöhen. Diese steigenden Kosten könnten das Gewinnwachstum von Unternehmen und damit die Kapitalerträge, auf denen die Bewertungen beruhen, erheblich beeinträchtigen.
Fazit: Prognosen zwecklos
Eine Eigenschaft der Kapitalmärkte, die wir nicht oft genug betonen können, ist ihre Unvorhersehbarkeit. Die Märkte sind komplexe adaptive Systeme – geprägt von unzähligen Einflussfaktoren und einer Dynamik, die sich häufig überraschend anpasst. Genau das macht sie unvorhersehbar.
Statt uns in Prognosen zu verlieren, arbeiten wir bei HAC mit Systematik und Disziplin. Der HAC-Geldanlage-Butler setzt dabei auf regelbasierte, wissenschaftlich fundierte Strategien:
- Er ordnet Anleger klar nach ihrem Risikoprofil ein.
- Er steuert die Portfolios laufend systematisch.
- Er reduziert emotionale Fehlentscheidungen, die in unsicheren Marktphasen sonst entstehen.
So wird aus der Unsicherheit der Märkte ein Vorteil: ein strukturierter, prognosefreier Anlageprozess, der langfristig Stabilität schafft.
Mehr zu den Strategien und den Ergebnissen des HAC-Butlers lesen Sie im aktuellen HAC-Magazin.
Herzliche Grüße
Ihr Tobias Gabriel
Vorstand der HAC VermögensManagement AG