Let´s dance

Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 29.09.2023

Ein unter Ökonomen seit langem geläufiges Sprichwort besagt: Wenn die USA niesen, bekommt der Rest der Welt einen Schnupfen. Das mag zwar angesichts der hohen Bedeutung der US-Wirtschaft als offensichtlich erscheinen. Doch es gibt auch alternative Ansichten.

Anleger, die etwa die Lieferkettenstörungen während der Corona-Pandemie oder die Abwertungen des Renminbi in den Jahren 2015 und 2016 miterlebt haben, könnten daraus schließen, dass die Weltwirtschaft nach der Konjunktur Chinas tanzt. In Europa war es zu Zeiten Napoleons der österreichische Kanzler Klemens von Metternich, der den Spruch „wenn Paris hustet, bekommt Europa eine Erkältung“ erfand.

Unabhängig von Ihrer persönlichen Weltanschauung sind klare Anzeichen einer bevorstehenden Rezession in den USA erkennbar: Die Treasury-Kurve ist seit 2022 invertiert, die Banken haben ihre Kreditvergabestandards so stark verschärft seit 2008 nicht mehr und die Vorlaufindikatoren, die Industrieproduktion sowie die Dynamik im verarbeitenden Gewerbe sind allesamt im negativen Bereich. Dazu kommen die noch anhaltenden Nachwirkungen der seit den frühen 1980er Jahren am schnellsten erfolgten Leitzinserhöhungen der US-Notenbank Federal Reserve.

Deswegen ist es angesichts eines derartig widrigen Umfelds vielleicht nicht verkehrt, die Frage zu stellen: Warum wächst die US-Wirtschaft überhaupt noch? Laut Echtzeitschätzungen („GDPnow“) der Atlanta Fed und der New York Fed wird ein Konjunkturwachstum von 2,1% bis 4,9% in diesem Quartal und möglicherweise von einem weiteren Plus von 2% im vierten Quartal 2023 erwartet.

Offenbar kommt ein Aspekt zum Tragen, der die Wirtschaft in den USA stärker unterstützt als in anderen Ländern, nämlich die in den CoronaJahren aufgebauten überschüssigen Ersparnisse. Dabei handelt es sich einfach um eine Kombination aus zwei Faktoren: (1) den beispiellosen fiskalpolitischen Maßnahmen sowie (2) den durch die Pandemie erfolgten Geschäftsschließungen und gesundheitlichen Bedenken, die die Verbraucher zum Sparen quasi gezwungen haben.

Überschüssige Ersparnisse sind zwar kein aus ökonomischer Sicht typisches Phänomen. Allerdings kann die Corona-Delle kaum als typisch bezeichnet werden. Denn einen so drastischen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um -30% in einem Quartal hatte es in der jüngeren Geschichte der USA noch nie gegeben. Ähnliches gilt für die landesweiten Lockdowns und die außerordentlich umfangreichen geldpolitischen und fiskalischen Stützungsmaßnahmen. So ist es nicht verwunderlich, dass die San Francisco Fed erklärt hat: „Schätzungen zu den gesamten überschüssigen Ersparnissen sind mit erheblicher Unsicherheit behaftet“.

Ausschlaggebend für die Schätzungen ist daher, wie viel vom Haushaltseinkommen in diesem Konjunkturzyklus gespart wird - also der Trend bei der Sparquote. Ein steigender Trend bedeutet, dass die Menschen mehr von ihren Einkünften zur Seite legen, was dazu führt, dass ein geringerer „Überschuss“ für Investitionen zur Verfügung steht. Bei einem niedrigeren Trend ist das Gegenteil der Fall.

Auch kleinste Veränderungen können große Auswirkungen haben. So ergab eine im Juni 2023 von der Fed vorgelegte Studie, dass die überschüssigen Ersparnisse im Q1 2023 aufgebraucht seien. Darin ging sie aber von einer durchschnittlichen monatlichen Sparquote von mehr als 10% aus - einem Niveau, das nur dreimal zwischen 1986 und 2020 auf Monatsbasis erreicht wurde. Unterstellen wir in diesem Zyklus einen Trend von 8% und damit einen höheren Wert als das in den zehn Jahren vor der Pandemie verzeichnete 7,3%, dürften die „überschüssigen Ersparnisse“ noch einige Zeit das Wirtschaftswachstum, und gegebenenfalls auch die Inflation, weiter aufrechterhalten.

Die Woche voraus

Nach der kommenden Woche beginnt dann die Gewinnsaison. In diesem Zusammenhang dürften drei Faktoren die Nachrichtenlage wesentlich prägen: Der jüngste Zinsanstieg, die Gefahr eines Government Shutdowns in den USA (eines kompletten Herunterfahrens des Staats- und Verwaltungsapparats auf Bundesebene) ab dem 1. Oktober und die Veröffentlichung einer Reihe von neuen Konjunkturdaten.

Zu den wichtigsten Zahlen zur wirtschaftlichen Entwicklung gehören am Montag die Einkaufsmanagerindizes des verarbeitenden Gewerbes in Italien, Frankreich, Deutschland und den USA für September sowie die Tankan-Umfrage zum verarbeitenden Gewerbe in Japan für das 3. Quartal 2023.

Abgesehen von der JOLTS-Umfrage („US Job Openings and Labour Turnover Survey“) zu den offenen Stellen auf dem US-Arbeitsmarkt stehen am Dienstag nur wenige Indikatoren auf dem Programm. In letzter Zeit sind die offenen Stellen tendenziell zurückgegangen, was ein willkommenes Indiz dafür ist, dass der Arbeitsmarkt wieder ins Gleichgewicht kommt.

Die Datenflut nimmt dann am Mittwoch mit den September-PMIs für den Dienstleistungssektor in Italien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA an Fahrt auf. Darüber hinaus werden die Einzelhandelsumsätze und die Inflationsrate bei den Erzeugerpreisen im Euroraum für August veröffentlicht. Am Donnerstag richtet sich das Augenmerk wieder auf Japan, wo die Haushaltsausgaben, die Arbeitnehmerlöhne und die Vorlaufindikatoren für August gemeldet werden. Vor dem Hintergrund des sprunghaften Anstiegs bei den britischen Hypothekenzinsen werden Anleger in Großbritannien die Hauspreise von Halifax im Blick haben, um zu erfahren, ob diese weiter gesunken sind.

Den Abschluss der Woche bildet am Freitag der USArbeitsmarktbericht. Obwohl Konsensschätzungen auf eine Verlangsamung der Neueinstellungen im September hindeuten, sollte im Hinterkopf behalten werden, dass dies in Anbetracht der hohen Anzahl offener Stellen lediglich auf einen Mangel an Arbeitskräften zurückzuführen sein dürfte. Die Erwartungen gehen von einer niedrigeren Arbeitslosenquote sowie einem möglicherweise höheren Anstieg der Löhne aus.

Der Tanz der Daten geht also weiter. Hoffentlich zur richtigen Melodie, Greg

Greg Meier Director
Senior Economist, Global Economics and Strategy
 

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