MainFirst Editorial vom 29.09.2025
Erinnern Sie sich noch an die stolzen Werbeslogans „Das Auto“ bzw. „Das WeltAuto“ für Gebrauchtwagen eines namhaften Pkw-Herstellers? In gewisser Weise spiegelten diese „Claims“ den Anspruch vieler internationaler und vor allem deutscher Unternehmen wider.
Im Rahmen der Globalisierungsbemühungen der Unternehmen in den letzten Jahrzehnten beglückten diese ihre Konsumenten auf der ganzen Welt mit Produkten, die zentral entwickelt und produziert wurden und dann, sofern die Transportkosten es zuließen, in die Absatzländer exportiert wurden.
Insbesondere die deutsche Automobilindustrie ist hierfür ein Paradebeispiel. Die deutschen Autos wurden zentral designt, entwickelt und produziert. Mit dem Claim „Made in Germany“ wurden sie weltweit zu begehrten Produkten. Durch die zentrale Produktion entstanden enorme Skalenvorteile, die sich positiv auf die Profitabilität auswirkten. Die zum Teil hohe Abhängigkeit auch von Währungsentwicklungen, einhergehend mit dem Abbau von Handelsbeschränkungen und Zöllen, führte bereits in den 1990er Jahren zur Globalisierung der Produktionsstätten.
Gleichzeitig wurde in vielen Sektoren die vertikale Wertschöpfungskette reduziert und eine stärkere Arbeitsteilung setzte ein. Das bedeutete, dass mehr Produktionsschritte ausgelagert beziehungsweise in Niedriglohnregionen verlegt wurden. Auch der Einzug der Informationstechnologie sorgte für Produktivitäts- und somit oftmals auch für Profitabilitätssteigerungen bei den Unternehmen. Diese Entwicklungen wurden in den ersten zwei Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts maßgeblich unterstützt. Der Aufstieg der aufstrebenden Märkte, ihr aufkommender Hunger nach Konsum- und Investitionsgütern sowie ihre Präferenz für globale Marken schienen unbegrenzt weiterzugehen. Doch dann wurde diese Entwicklung jäh gebremst und tektonische Veränderungen fordern die Unternehmen heraus.
Erst die Corona-Pandemie, die Verwerfungen in Liefer- und Produktionsketten, die Wiedereinführung von Zöllen und regulatorische Herausforderungen durch die zunehmende Blockbildung zwingen die Unternehmen, sich teilweise neu zu erfinden. Auch die immer stärkere Regionalisierung von Konsumpräferenzen erfordert ein Umdenken. So achten zB chinesische Autokäufer auf ganz andere Features als europäische oder amerikanische Konsumenten.
Um diesen veränderten Rahmenbedingungen gerecht zu werden, müssen Entwicklung und Produktion zunehmend regionalisiert werden. Auch die demografischen Entwicklungen in den Regionen, die zunehmende Automatisierung und insbesondere auch der Einsatz künstlicher Intelligenz stellen eine Herausforderung dar. Eine kürzlich veröffentlichte Studie von McKinsey unterstreicht das hohe Profitabilitätsniveau der Unternehmen weltweit - auch unter Berücksichtigung von Besonderheiten wie dem attraktiven Profitabilitätsniveau amerikanischer Tech-Werte. Für die Zukunft müssen sich Anleger jedoch viele Fragen stellen:
- Wie wird sich die Profitabilität vieler Unternehmen entwickeln, wenn Skaleneffekte ausbleiben, und sie verstärkt in die lokale Entwicklung und Produktion investieren müssen?
- Werden die Unternehmen wieder kapitalintensiver als in den vergangenen Jahrzehnten? Auf welchem Niveau wird sich dann die Rendite auf das eingesetzte Kapital einpendeln?
- Was bedeuten diese möglichen verstärkten Investitionen auf die Bilanzen? Müssen sich die Unternehmen stärker verschulden? Und was bedeutet der verstärkte Investitionsbedarf für zukünftige Ausschüttungen und Aktienrückkäufe?
Fazit: Die Unternehmen haben die Chancen und Herausforderungen der letzten Jahre und Jahrzehnte hervorragend genutzt und erreichen in der Breite Rekordwerte bei der Profitabilität. Neue Herausforderungen stehen ante portas. Bei der Aktienauswahl sollte neben allen wichtigen Aspekten auch die Frage „Was bedeutet Local-for-Local für Ihr Unternehmen?“ berücksichtigt werden.