Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 10.01.2020

Kapitalmärkte 2020: Was das Jahr der „Metall-Ratte“ bereithält

Auch im chinesischen Kalenderzyklus neigt sich das Jahr – das Jahr des Erd-Schweins – in Kürze dem Ende zu. Mit Blick auf die Kapitalmarktentwicklung 2019 hat das vergnügliche Erd-Schwein – Symbol des Glücks und finanziellen Wohlstands – seinem Namen zweifellos alle Ehre gemacht. Über die Breite der Anlageklassen hinweg konnte eine positive Wertentwicklung verzeichnet werden, befeuert hauptsächlich durch eine expansive Geld- und Fiskalpolitik. Zuletzt aber wirkten auch die Fortschritte beim US-chinesischen Handelskonflikt sowie Hoffnungen auf eine wieder aufwärtsgerichtete Konjunktur. Welches Kräfteverhältnis wird sich im Kanon von (Geo- )Politik, globaler Konjunktur und Geldpolitik zu Beginn der neuen Dekade einstellen?

  • Zunächst einmal verspricht auch das Jahr 2020, ein hochpolitisches zu werden, wie die jüngsten Spannungen im Nahen Osten zeigen. Zwar dürfte die handelspolitische Unsicherheit wegen des US-chinesischen Teilabkommens abklingen, aber verglichen mit den Vorjahren erhöht bleiben. Nicht auszuschließen, dass die Rivalität der zwei Supermächte nach den USPräsidentschaftswahlen (November) wieder aufflammt. Derweil muss Großbritannien zum Sommer hin entscheiden, ob die Brexit-Übergangsperiode bis Jahresende tatsächlich ausreicht, um die Rahmenbedingungen für die komplexe zukünftige Partnerschaft mit Europa festzuzurren. Andernfalls drohte 2021 erneut das Szenario eines „harten“ Brexits
  • Mit Blick auf die Konjunkturperspektiven stehen die Zeichen im Jahr 2020 bis auf weiteres auf ein erneutes spätzyklisches „Durchwursteln“ statt auf nachhaltige Belebung. Im Verlauf der letzten Wochen hatten die Finanzmärkte zunehmend das Szenario einer anhaltenden Erholung der Weltwirtschaft eingepreist. Und tatsächlich: Die Stabilisierungsanzeichen haben zuletzt zugenommen. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit dieser Bewegung bleiben wir jedoch skeptisch. Während nach fast zwei Jahren kontinuierlicher Abschwächung eine Gegenbewegung bei den globalen Makrodaten mehr als überfällig ist, und sei es nur aus technischen Gründen, charakterisiert sich das Umfeld durch vielfältige zyklische und strukturelle Belastungsfaktoren (u.a. schrumpfende US-Gewinnmargen, geldpolitische Erschöpfung, hohe Verschuldung in vielen Regionen).
  • Die Geldpolitik bleibt insgesamt weltweit locker, allerdings verdichten sich die Anzeichen, dass die Zentralbanken auf absehbare Zeit nicht erneut expansiv nachlegen werden. Die US-Notenbank Fed hat vorerst den Abschluss ihres kleinen Zinssenkungszyklus signalisiert, während die Europäische Zentralbank (EZB) nach dem umfassenden Lockerungspaket vom September 2019 allmählich an die Grenzen ihrer Möglichkeiten stößt. Für sich genommen übt dies weiterhin einen moderaten Renditeaufwärtsdruck an den Rentenmärkten aus. Von noch größerer Bedeutung wird mittelfristig jedoch sein, inwiefern im Rahmen der laufenden strategischen Überprüfungen operationale Ziele und Instrumentenkästen von Fed und EZB angepasst werden.

Was lässt all dies für die Finanzmärkte erwarten?

Eines ist gewiss: Auch das Jahr 2020 wird spannend. Hoffnungen auf eine wieder aufwärtsgerichtete Weltkonjunktur stützen gegenwärtig die Börsen. Allerdings beschränkt das fortgesetzt anspruchsvolle fundamentale und politische Kapitalmarktumfeld das Kurspotenzial. In einem Umfeld niedrigen Trendwachstums und verhaltener Marktrenditen (Beta) bleibt Alpha tonangebend. Dabei gilt: Je unerwarteter die Schlagzeilen, die auf die Märkte niederprasseln, desto mehr Kursschwankungen sind zu umschiffen – und desto mehr Chancen bieten sich für einen aktiven Anlagestil.

Gut nur, dass das am 25. Januar beginnende chinesische Kalenderjahr unter dem Zeichen der Metall-Ratte steht: Die klugen und anpassungsfähigen Ratten bewahren auch in unerwarteten Situationen einen kühlen Kopf, während das Element Metall als Symbol für finanzielle Chancen steht.

Taktische Allokation

Auch im Jahr 2020 ist verhaltenes Wachstum der Weltwirtschaft unterhalb der Potenzialrate zu erwarten. Vor dem Hintergrund anhaltender (geo-)politischer Spannungspotenziale und zunehmender spätzyklischer Ungleichgewichte dominieren weiterhin die Abwärtsrisiken, wobei sich zunehmend Pflänzchen der Hoffnung zeigen. Noch stimuliert die lockere Geldpolitik Konjunktur und Aktienkurse, sie dürfte jedoch mittelfristig an ihre Grenzen stoßen. Investoren, die zu lange an der Seitenlinie standen, könnten sich mehr und mehr gezwungen fühlen, einzusteigen. Zur nachhaltigen Fortführung dieser Entwicklung muss allerdings noch der Beweis einer Stabilisierung der Konjunktur- und Unternehmenszahlen erbracht werden. Aus der Gesamtsicht liegt eine zwischenzeitliche Übergewichtung von Aktien nahe, wobei die Bereitschaft zu kurzfristigen taktischen Anpassungen gegeben sein sollte. Mit erhöhten Marktschwankungen, verursacht u. a. von verbleibenden politischen Unwägbarkeiten, ist weiterhin zu rechnen.

Bleiben Sie aktiv, meint Ihre

Ann-Katrin Petersen
Vice President, Global Economics & Strategy


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