Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 10.07.2020

Eine nachhaltige Erholung?

Die Neuinfektionen an COVID-19 über das vorangegangene Wochenende stiegen weltweit, vor allem aber in den USA, weiter an, während teils einzelne lokale „Lockdowns“ wieder verordnet wurden. Dennoch, der Wochenauftakt begann an den internationalen Kapitalmärkten hoffnungsvoll: Die US-Technologiebörse NASDAQ erreichte ein neues Allzeithoch, während in Asien der chinesische Aktienmarkt auf den höchsten Stand seit Februar 2018 stieg. China ist damit auch der erste große Aktienmarkt, der seit Anfag des Jahres nun im Plus handelt.

Gemäß dem privatwirtschaftlichen Caixin-Einkaufsmanagerindex verbesserte sich die Stimmung unter den chinesischen Dienstleistern deutlich – mit 58.4 Punkten erreichte dieser den höchsten Stand seit einer Dekade. Dazu passt, dass auf Basis unserer proprietären Daten der Tiefpunkt der ökonomischen Aktivitäten Ende Mai/Anfang Juni durchschritten wurde, angetrieben hauptsächlich durch China und die USA. Bei Letzteren deutet der US-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe mit 52,6 Punkten auf eine Ausweitung der wirtschaftlichen Aktivität hin, auch wenn sich unter den US-Notenbankern die Sorge breit macht, dass jene Erholung aufgrund des jüngsten Anstiegs der Coronavirus-Neuinfektionen in vielen amerikanischen Bundesstaaten in Gefahr sei. Dennoch: Diese Gegenbewegung, die die Stimmungsindikatoren schon angedeutet haben, spiegelt sich nun teils in den harten Zahlen wider bzw. in den Rohstoffpreisen im Zuge der damit verbundenen gestiegenen Nachfrage. Kupfer, das auch von den Aussichten auf eine potentielle Angebotsreduzierung durch Minenschließungen im Zuge von COVID-19 in Chile profitierte – Chile produziert fast 30% des globalen Kupferangebots –, markierte ein neues 5-Monatshoch.

Für eine nachhaltige konjunkturelle Erholung bedarfs es mehr, auch wenn eine Erholung im zweiten Halbjahr an Fahrt gewinne, so die Brüsseler Behörde in ihrer neuesten Konjunkturprognose. Die von uns für die kommenden Quartale erwartete Konjunkturerholung ähnelt daher eher einem „umgekehrten Wurzelzeichen“ – geld/fiskalpolitischer Erholung zu Beginn gefolgt von einem flachen Wachstumspfad bei allerdings weiter dominierenden Abwärtsrisiken. In diesem Szenario erreicht die gesamtwirtschaftliche Aktivität ihr Niveau vor dem Ausbruch der Pandemie nicht vor Ende nächsten Jahres. Die tatsächliche Entwicklung bleibt dabei zuvorderst vom weiteren Verlauf der Pandemie abhängig.

Die Woche Voraus: Bestätigung einer nachhaltigen Erholung?

Ob sich die weltweite Konjunktur am Beginn eines gefestigten Aufschwungs befindet, dürften die anstehenden Konjunkturindikatoren Auskunft geben. In den USA startet die kommende Kalenderwoche mit den (Kern-)Verbraucherpreisen (Di), gefolgt vom Empire State Index der Federal Reserve Bank of New York und der Industrieproduktion sowie Kapazitätsauslastung (alle Mi). Letztere dürften ein weiteres Hochfahren der Produktion signalisieren, ebenso der Philadelphia Index (Do). Abschließend scheint sich die Stimmung der US-Konsumenten im Zuge erster Hoffnungsschimmer am US-Arbeitsmarkt wieder etwas gefangen zu haben – Einzelhandelsumsätze (Do) bzw. das (vorläufige) Verbrauchervertrauen der Universität Michigan (Fr) dürften hierzu weitere Hinweise geben.

Für die Eurozone richtet sich das Augenmerkt primär auf den Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank. Zwar haben sich die Wogen hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit von Anleihekäufen zuletzt geglättet, Details über die zukünftige Ausgestaltung des Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) dürften aber dennoch zu zahlreichen Fragen während der anschließenden Pressekonferenz führen.

In Asien liegt der Fokus vor allem auf China. Beginnend mit den Außenhandelsdaten (Di), die laut Umfragen eine gedämpfte Nachfrage nach Gütern aus dem Reich der Mitte andeuten, folgen die chinesischen Aktivitätsdaten u.a. mit der Industrieproduktion, den Einzelhandelsumsätzen sowie der Wirtschaftsleistung für das zweite Quartal (allesamt am Do). Nach der geldpolitischen Unterstützung der Notenbank Chinas, dürften ferner die Zinsentscheide der Notenbank Japans (Mi), Koreas und Indonesiens (beide Do) mit Interesse verfolgt werden.

Berichtssaison als Lackmustest nehmen

Wer hätte das gedacht: Das abgelaufene Quartal war zurückblickend eines der besten Quartale für die meisten Vermögensklassen seit einigen Dekaden. Der US-amerikanische Aktienmarkt (S&P 500) erzielte gar mit fast 19% (auf Total Return Basis) das beste Quartal seit Ende 1998. Und das inmitten von Nettomittelzuflüssen in Geldmarktfonds laut EPFR in Höhe von fast 400 Mrd. US-Dollar allein in Q2, während die Stimmung unter den US-Investoren laut der American Association of Individual Investors (AAII) nach wie vor verhalten ist – der Anteil der Bären liegt weiterhin bei fast 50%. Unter diesen Vorzeichen wird die Aufmerksamkeit der Anleger auf der Mitte Juli beginnenden Berichtssaison liegen, auch ob es zu einer nachhaltigeren Erholung kommen kann.

Bleiben Sie gesund, Ihr

Stefan Scheurer
Director, Global Capital Markets & Thematic Research


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