Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 13.11.2020

Zurück zur Normalität?

Das Hauptereignis der abgelaufenen Woche war sicher die Ankündigung der baldigen Zulassung eines Impfstoffs gegen COVID-19. Die Aussichten auf ein Zurück zur Normalität ließen die Aktienmärkte rund um den Globus vor Freude steigen, wobei vor allem die lange vernachlässigten Werte von dieser Welle des Optimismus profitieren konnten. Am US-amerikanischen Aktienmarkt stiegen besonders die Finanz-, Energie- und Industriewerte. Beim STOXX 600 für Europa sah es ähnlich aus, während am Anleihemarkt dies- und jenseits des Atlantiks die Renditen der längeren Laufzeiten stiegen und die Zinsstrukturkurve steiler wurde. Ein untrügliches Zeichen, dass auch beim Konjunkturverlauf ein Zurück zur Normalität erwartet wird.

In dieses Umfeld passt, dass sich auch die politischen Risiken in den USA verringerten. Nach dem der Wahlstieg von Joe Biden bestätigt werden konnte, können sich die Märkte auf dessen Agenda einstellen, auch wenn er nicht die Mehrheit in beiden Häusern des USKongresses auf sich vereinen könnte. „Risk off“ in der Politik – “Risk on” an den Märkten.

Nach den spektakulären Ereignissen der abgelaufenen Woche geht es in der neuen Woche wieder mehr in die Niederungen des Tagesgeschäfts. Langweilig dürfte es an den Kapitalmärkten dennoch nicht werden.

Die Woche voraus

Eine Reihe wichtiger Konjunkturindikatoren werden veröffentlicht. Für China kommt gleich am Montag die Industrieproduktion. Aus den USA kommen u.a. der Empire State Index (Montag), die Industrieproduktion (Dienstag), die Baubeginne (Mittwoch) und der Index der Frühindikatoren (Donnerstag). In Japan stehen vor allem die vorläufigen Berechnungen des Bruttoinlandsproduktes für das dritte Quartal (Montag) im Mittelpunkt des Interesses. Aus der Europäischen Union kommen die Pkw-Neuzulassungen (Mittwoch) und aus der Eurozone das Verbrauchervertrauen (Freitag). Die wichtigsten Datenpunkte für das Vereinigte Königreich sind das GfKVerbrauchervertrauen und den Einzelhandelsumsätzen (beide Freitag). Insgesamt sollte die Datenlage das Bild einer auf den Konjunktureinbruch folgenden, auslaufenden Erholung fortschreiben. Lediglich China sollte daran erinnern, dass sich die Volksrepublik am schnellsten von der Pandemie erholt hat.

Auch die US-amerikanische Politik bleibt auf der Agenda. Zwar beginnt jetzt die politisch eher ruhige Zeit zwischen den Wahlen und der Amtsübergabe an den neuen Präsidenten, aber wie unsere Kollegen in den USA berichten, stehen die Chancen nicht schlecht, dass es noch davor zu einer Einigung zwischen Republikanern und Demokraten bzgl. eines weiteren Fiskalpakets kommt. Die Pandemie-Folgen sind gravierend und bedürften flankierender Maßnahmen, um die Menschen und die Wirtschaft zu unterstützen. Ende des Jahres laufen die Stützen für den Arbeitsmarkt aus. Eine Verlängerung wäre auch ein wichtiges Signal für den Konsum. Auch dürfte sich der Blick vermehrt auf die Agenda von Joe Biden richten. Dieser will die öffentliche Infrastruktur ausbauen (ein Plan, der auch von den Republikanern unterstützt wird) und hat sich während seiner Wahlkampagne für Investitionen in erneuerbare Energien i.H.v. zwei Billionen US-Dollar stark gemacht, was im Kongress allerdings nicht auf ungeteilte Gegenliebe stößt. Dazu passt: Als Teil seiner Anstrengungen strebt er an, dass die USA schnellstmöglich wieder dem Pariser Klimaabkommen beitreten. Eine Initiative, für die er den Kongress nicht bräuchte.

Ganz am Horizont steht dann die Frage: Was machen eigentlich die Zentralbanken? Sicher ist die Konjunktur noch nicht ausgeheilt, und der Weg zurück zur Normalität wird ein langer, zumal der Impfstoff in der ersten Runde erst einmal an Schlüsselpersonen im Gesundheitswesen ausgegeben wird, aber in Anbetracht der Liquiditätsfülle muss die Frage gestellt werden, wie und wann diese wieder abgebaut werden soll. Von der am Donnerstag tagenden Europäischen Zentralbank ist da noch nichts zu erwarten, aber es wird spannend zu sehen, inwieweit sich in ihren Statements der Impfstoff mit seinen Implikationen für die Konjunktur reflektiert. Auch in der Geldpolitik muss es ein „back to normal geben“ (vgl. unsere Grafik der Woche). Aber das wird dauern, und für die Anleger bedeutet dies, dass die Jagd nach Kapitaleinkommen weitergeht. In diesem Kontext mag es sich lohnen, sich als Anleger breiter aufzustellen und auch die bisher zu kurz gekommen Segmente in den Blick zu nehmen. Die Rückkehr zur Normalität sollte z.B. die starke PerformanceSpreizung zwischen den Branchen einengen. Wobei insgesamt der Nachhaltigkeitsaspekt besonders berücksichtigt werden sollten.

Die technische Lage ist derweil, trotz der Zugewinne in Abfolge der ImpfstoffAnkündigung, entspannt. Ein unmittelbarer Abgabedruck besteht also nicht, was dafür spricht, dass die Märkte jetzt erst einmal die guten Nachrichten verdauen und sich mit den Konjunkturdaten beschäftigen können.

Eine nachhaltige Rückkehr zur Normalität wünscht,
Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research


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