Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 18.06.2021

Tiefenentspannung / Klimawandel / Megatrends

Die Kapitalmärkte scheinen von Tiefenentspannung geprägt. Das zeigen die technischen Indikatoren, wie auch die Reaktionen auf die Konjunkturdaten der abgelaufenen Woche, ebenso wie z.B. die Indikatoren für systemischen Stress der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Kansas Fed. Die Volkswirtschaften erholen sich von der Pandemie mit einer ständig steigenden Zahl an Impfungen. Die Arbeitsmärkte (besonders in den USA) zeigen zwar Verspannungen an. Die Inflationsdaten zeigen nach oben (in Deutschland stiegen die Verbraucherpreise um 2,5% zum Vorjahresmonat – der stärkste Anstieg seit 2011), während die Kapazitätsauslastungen steigen - aber die Inflationserwartungen sind noch fest verankert und ließen sogar leichte Renditerückgänge zu. Die aus den Inflationsswaps abgeleiteten Inflationserwartungen zeigen leicht nach unten. Die Umfrage basierte Inflationserwartungen professioneller Prognostiker gingen für die USA leicht zurück, bzw. zeigen sich für die Eurozone als stabil auf niedrigem Niveau. Wenn eine dauerhaft höhere Inflation erwartet wird, dann offensichtlich weniger bei den Verbraucherpreisen, sondern auf Seiten der Vermögenspreise. Der S&P/Case-ShillerIndex für Hauspreise ist seit geraumer Zeit wieder im Aufwind. Der Live-ex Fine Wine 100 Index (vgl. die Grafik der Woche) legte deutlich zu, ebenso der S&P-Index für globale Luxusgüter. Auch Oldtimer und Diamanten gewannen. Der Goldpreis stieg über die letzten Monate ebenfalls. Lediglich Bitcoin tanzt als liquiditätsgetriebene Anlageform aus der Reihe, aber dieses Token hat aktuell ein ganz besonderes Eigenleben.

Tiefenentspannung auch bei den Zentralbanken. Der geldpolitische Ausschuss der Federal Reserve Bank (Fed) tagte. Zum Wochenschluss kam dann noch die Tagung der Bank of Japan. In beiden Fällen gab es wenig neues an Erkenntnissen. Grosso modo stehen die Zeichen auf eine weiter üppige Liquidität.

Die Woche voraus

Die Datenlage der kommenden Woche ist vor allem geprägt von Früh- und Stimmungsindikatoren. Den Auftakt macht am Montag der Aktivitätsindex der Universität von Chicago. Am Dienstag folgen das Verbrauchervertrauen für die Eurozone und der Richmond Fed Index. Am Mittwoch schließen sich die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende und nicht-verarbeitende Gewerbe der Eurozone und deren Mitgliedsländer an. Für Japan steht der Einkaufsmanagerindex der Jibun Bank für das verarbeitende Gewerbe im Kalender. Ebenfalls zu erwarten sind der MarkitEinkaufsmanagerindex für das verarbeitende wie das nicht-verarbeitende Gewerbe im Vereinten Königreich und den USA an. Am Donnerstag kommen der ifoKonjunkturklimaindex für Deutschland und die Auftragseingänge für langlebige Gebrauchsgüter in den USA. Der für die Bundesrepublik so wichtige ifo-Index bewegte sich zuletzt unverändert auf einem strammen Erholungskurs, der vor allem auch von den vorauslaufenden Erwartungen getragen wird. Entlang der Impffortschritte und der damit einhergehenden Lockerungen in Deutschland und weltweit sollte dieser seinen Kurs fortsetzen. Am Freitag dürfte der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit auf dem GfK-Verbrauchervertrauen für Deutschland und UK liegen. Auch die Geldmenge M3 für die Eurozone steht an. Während das Geldmengenwachstum in den Industriestaaten wie in den Schwellenländern insgesamt erste Anzeichen zeigt, dass der Gipfel überschritten ist, kann davon in der Eurozone noch keine Rede sein. Hier wächst das breite Geldmengenaggregat tapfer weiter, und ist ein Abbild der unverändert expansiven Geldpolitik einer Zentralbank, die immer noch im Krisenmodus zu agieren scheint.

Auf der technischen Seite hat die Aufwärtsbewegung an den Aktienmärkten zuletzt leicht an Breite verloren, wie die Advanced-Decline-Linien für die großen Märkte zeigen. Die Relative-StärkeIndikatoren bewegen sich für die Hauptaktienmärkte entweder im Niemandsland oder zeigen eine leicht überkaufte Lage an. Die 30 und die 200-Tageslinien z.B. für den S&P 500, die NASDAQ, den Topix und auch den FTSE 100 bzw. den DAX 30 zeigen, dass der Wille nach oben noch intakt ist. Das technische Momentum sollte in der kommenden Woche also für die Aktien sprechen. Während bei Staatsanleiherenditen, gemessen an 10-jährigen US-Treasuries, 10- jährigen Bunds aber auch dem BofAMLIndex für Euro-Staatsanleihen eher eine Stabilisierung oder sogar leichte Rückgänge bei den Renditeniveaus aufgrund der technischen Lage zu erwarten sind. Das passt ins Bild eines Marktes, der darauf vertraut, dass die Inflationsanstiege nur von vorrübergehender Natur sind. Warten wir es mal ab, ob das auch so eintrifft. Einmal- und Aufholeffekte sind nur die eine Seite der Preisanstiege. Die Konjunktur- und Liquiditätspakete die andere Seite. Sie heizen die Nachfrage dauerhaft an. Die Tiefenentspannung bei den Inflationserwartungen lässt Raum für – negative – Überraschungen.

Bleiben Sie tiefenentspannt,

Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research


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