Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 24.01.2020

Vorschusslorbeeren für die Märkte?

Fast scheint es so, als seien die Märkte mit Vorschusslorbeeren ins neue Jahr gestartet. Vorschusslorbeeren für die Weltpolitik, die nach Unterzeichnung des Phase-1-Abkommens zwischen den USA und China ein entspannteres Bild abzugeben scheint. Vorschusslorbeeren auch für die Konjunktur. Beides hängt miteinander zusammen. Sinken die politischen Risiken, stärkt dies die Investitionen. Letztes wäre durchaus nötig, denn die konjunkturelle Schwäche kommt zu allererst aus dem verarbeitenden Gewerbe. Das gilt für die USA, das gilt für Europa, das gilt für die aufstrebenden Volkswirtschaften. Ein globales Phänomen also. Tatsächlich ist unser globaler makroökonomischer Breitenindikator im Dezember zum ersten Mal seit acht Monaten gestiegen, angeführt von den USA.

Die Anleger zeigen sich derzeit in bester Kauflaune. Das spiegelt sich nicht nur in den Aktienkursen wider, sondern auch in dem hohen Anteil der „Bullen“ unter den privaten Investoren, aber auch in der gestiegenen Bereitschaft zur Übergewichtungen risikoreicherer Anlagegattungen, wie unsere Erhebung bei professionellen Investoren zeigt.

Die Woche Voraus

Diese Vorschusslorbeeren bedürfen aber der fundamentalen Unterfütterung, deshalb sollten die anstehenden Konjunkturindikatoren das Bild prägen. Den Auftakt macht der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland. Dieser war im Dezember auf ein 6-Monatshoch geklettert. Jetzt gilt es dieses Terrain nicht nur zu verteidigen, sondern auszubauen. Entscheidend dazu beitragen müsste das verarbeitende Gewerbe, denn dieses hatte in der Vergangenheit auch am stärksten zur Abschwächung beigetragen. Am Dienstag dann kommen die Auftragseingänge aus dem verarbeitenden Gewerbe und das Conference-Board-Verbrauchervertrauen für die USA. Während der ISM-Einkaufsmanagerindex nur eine uneindeutige Entwicklung zeigte, scheint sich das Verbrauchervertrauen auf hohem Niveau stabil zu halten. Am Donnerstag steht das Wirtschaftssentiment für die Eurozone an, das zuletzt Stabilisierungstendenzen signalisierte. Zum Wochenausklang stehen das Bruttoinlandsprodukt für die Eurozone und das GfK-Konsumentenvertrauen für das Vereinigte Königreich an. Letzteres zeigt auf niedrigem Niveau Tendenzen eines Aufbäumens. Last but not least, der Einkaufsmanagerindex der Universität von Chicago. Hier müssen die Anzeichen einer Kehrtwende Unterstützung finden.

Während die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Strategiediskussion fortsetzt, sollte auch die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) in diesem konjunkturellen Umfeld wenig Grund zum Handeln sehen. Insofern ist kaum mit einem Zinsschritt zu rechnen.

In Europa nimmt die Berichtssaison zu den Unternehmensgewinnen erst in der kommenden Woche so richtig Fahrt auf. Grund zu überschäumenden Optimismus ist keiner gegeben.

Active is: bei zu vielen Vorschlusslorbeeren vorsichtig werden

Die Vorschusslorbeeren bleiben nicht ohne unerwünschte Begleiterscheinungen. So liegt unser Indikator für die „Schwerelosigkeit“ an den Aktienmärkten – er setzt die Kurs-Gewinn-Verhältnisse des S&P 500 ins Verhältnis zur Volatilität am US-amerikanischen Aktienmarkt – wieder um mehr als eine Standard-Abweichung über dem langfristigen Durchschnitt seit Anfang der 90’er, was für einen latenten Verlust an Bodenhaftung spricht. Das dürfte auch die eigentliche Begründung dafür sein, dass sich die Aktienmärkte am Dienstag der abgelaufenen Woche von ihrer schwachen Seite zeigten. Angeblicher Grund war das Aufkommen eines neuen Corona-Virus-Stammes in China. Tatsächlich könnte es sich auch um die Suche nach mehr Bodenhaftung gehandelt haben.

Dazu passt, dass die Relative-Stärke-Indikatoren für die großen Anlageregionen eine merklich überkauft Lage anzeigen. Überkaufte Lage plus hoher Anteil an „Bullen“ – wer sollte da noch kaufen, wenn alle bereits eingedeckt sind?

Vorsicht also vor zu viel Vorschusslorbeeren. Lassen Sie erst die Fakten sprechen, meint

Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research


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