AXA Investment Managers - Investment Strategy vom 21.10.2020

Süchtig nach Staatshilfen

Monatliche Investmentstrategie

Zweifel an neuen Konjunkturprogrammen

Für das 4. Quartal hatten wir eine schwächere Weltwirtschaft erwartet, doch jetzt geben die Zahlen schon Ende des 3. Quartals nach. Nach der ersten Erholung im späten Frühjahr hat sich die Beschäftigungssituation in den USA wieder ver-schlechtert. Einstweilen scheint dies den Konsum zwar nicht zu dämpfen – im Sep-tember waren die Einzelhandelsumsätze gut –, aber so wird es kaum bleiben. In Europa sind die Erwartungskomponenten der Geschäftsklimaindizes schon gefal-len, und das Verbrauchervertrauen zeigt noch immer eine hohe Sparneigung an. Besondere Sorgen macht uns, dass all dies schon passierte, bevor das Wirtschafts-leben aufgrund des Wiederaufflammens der Pandemie erneut stark eingeschränkt wurde.

Die Märkte haben den Konjunktureinbruch in diesem Jahr weitgehend ignoriert, da Regierungen und Notenbanken rasch diverse Konjunkturprogramme auflegten. Doch jetzt reagiert die US-Fiskalpolitik langsam. Da die Staatshilfen allmählich auf-hören zu wirken, dürften die Haushaltseinkommen in den nächsten Monaten wei-ter nachgeben – es sei denn, es folgen neue Programme.

Die politische Lage spricht zurzeit aber nicht unbedingt für ein neues Konjunktur-paket. Joe Bidens Vorsprung scheint deutlich und stabil, und immer mehr deutet darauf hin, dass die Demokraten auch den Senat gewinnen könnten. Vielleicht warten sie erst einmal ab, bis sie nicht nur den Präsidenten stellen, sondern auch die Mehrheit in beiden Kongresskammern haben. Dann könnten sie ein Konjunkturpro-gramm ganz nach ihrem Geschmack auflegen, ohne Kompromisse mit den Republikanern. Die republikanischen Senatoren könnten unterdessen denken, dass Trump die Wahlen so oder so verliert, mit oder ohne neues Konjunkturprogramm. Sie könnten sich dann für die reine Lehre entscheiden und Bidens Konzept nach den Wahlen ablehnen.

Bei Redaktionsschluss war noch unklar, ob vor den Wahlen überhaupt noch etwas gelingen kann. Selbst wenn ein neues Paket den Kongress rechtzeitig passiert, ändert das nichts daran, dass viel Zeit verschwendet wurde und es daher anders als frühere Programme kaum noch für ein besseres Geschäftsklima sorgen kann. Am Markt hat man die Hoffnung aber noch nicht ganz aufgegeben: Statt sich wegen Joe Bidens geplanter Steuererhöhungen zu sorgen, hofft man jetzt, dass er seine Präsidentschaft mit einem starken fiskalischen Impuls beginnt – vor allem, wenn die Demokraten auch beide Kongresskammern gewinnen.

Bei einem solchen Konjunkturpaket wäre die Fed aber wohl weniger bereit, ihr Quantitative Easing noch lange im derzeitigen Umfang fortzusetzen. Auch die neue Steuerung der Durchschnittsinflation könnte gegen weitere Nothilfen sprechen. Wenn die Fed ein Überschießen der Inflation zulässt, kann sich die Wirtschaft in Zukunft eine Zeitlang überhitzen, ohne dass höhere Leit-zinsen drohen. Kurzfristig muss das neue Konzept nicht unbedingt viel bewirken. An den Aktien- und Credit-Märkten muss man abschätzen, ob die positiven Effekte einer expansiveren Fiskalpolitik oder die negativen der demnächst wohl höheren risikolo-sen Langfristzinsen schwerer wiegen.

Im Euroraum hängen die Staatshilfen nicht so sehr von der Politik ab. Da die zweite Pandemiewelle unerwartet früh kam und der Wirtschaft damit nicht viel Zeit für eine Erholung blieb, dürften die Regierungen die Hilfsprogramme aus dem Frühjahr ver-längern, als Ergänzung zu den für 2021 und 2022 in vielen EU-Staaten geplanten mittelfristigen Maßnahmen. Wenn dann noch die ersten Anleihen des europäischen Wiederaufbaufonds hinzukommen, dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) zu einer Verlängerung ihres Pandemienotfallprogramms (PEPP) gezwungen sein. Im Dezember wird sie das wohl offiziell bekannt ge-ben. Dies dürfte zwar den Spreadanstieg begrenzen, doch haben die EZB-Maßnahmen in diesem Jahr bislang noch nicht für niedrigere Zinsen für Haushalte und Unternehmen gesorgt. Über die traditionellen Kanäle kann die Geldpolitik die Realwirt-schaft also nur begrenzt erreichen, auch wenn neue und vielleicht noch großzügigere langfristige Refinanzierungsgeschäfte (TLTROs) eine willkommene Ergänzung zur PEPP-Verlängerung zum Jahresende wären.

In den Schwellenländern ist es noch schwieriger. Hier sind die Notenbanken zunächst dem Beispiel der Industrieländernoten-banken gefolgt und reagierten auf die Krise sofort mit weitreichenden Konjunkturmaßnahmen. Bisweilen waren sie sogar erst-mals zum Quantitative Easing bereit, etwa in Brasilien. Doch je länger die Pandemie dauert, desto schwieriger ist dies durchzu-halten – vor allem, wenn die Fundamentaldaten schon vor der Coronakrise schwach waren und sich das Vertrauen in die No-tenbanken ohnehin in Grenzen hält. Große Sorgen macht uns hier die Türkei. Obwohl die türkische Notenbank ihren Leitzins im September endlich um 200 Basispunkte angehoben hat, wertete die Lira weiter ab. Jetzt wird die Geldpolitik – indirekt – weiter gestrafft, beispielsweise durch höhere Einlagensätze. Den Märkten scheint das aber noch nicht zu reichen.

Die Entscheider wurden – unserer Ansicht nach zu Recht – während der ersten Pandemiewelle für ihre Entschlossenheit ge-lobt. Doch jetzt scheint es, als seien die Konjunkturprogramme aus dem Frühjahr die leichtere Übung gewesen. Die wahren Schwierigkeiten kommen erst jetzt.

Was bringt die Zukunft?

Nach dem Einbruch im 1. Quartal haben sich die Märkte aus zwei Gründen erholt: erstens wegen der Konjunkturprogramme und zweitens wegen der (berechtigten) Hoffnungen auf eine Konjunkturerholung. Den Daten zufolge dämpft die Pandemie das Wachstum jetzt wieder, aber diesmal haben Geld- und Fiskalpolitik zumindest kurzfristig weniger Möglichkeiten. Ist deshalb mit einer Korrektur der Aktienmärkte und neuen Allzeittiefs der Anleiherenditen zu rechnen? Die trotz unruhiger Zeiten hohen Bewertungen risikobehafteter Assetklassen haben manche Anleger dieses Jahr irritiert. Jetzt sorgen die Pandemie, die politi-sche Lage in den USA und der Brexit wieder für neue Risiken. Kurzfristige Kursschwankungen kämen daher nicht überraschend. Schutz vor Volatilität boten in diesem Jahr aber kurz laufende Anleihen.

Man sollte sich nicht nur von kurzfristigen Risiken leiten lassen. Ebenso wichtig ist, wie man mittelfristig Erträge erzielen kann. Mit Kurzläufern geht das sicherlich nicht, und vielleicht verlieren sichere Häfen aufgrund der weiteren Entwicklung ohnehin an Bedeutung. Wie wir geschrieben haben, ist in den USA bei einem überzeugenden Sieg der Demokraten durchaus mit einem positiven Fiskalimpuls zu rechnen, und auch in Europa müssen die Staatsausgaben im neuen Jahr erhöht werden. Die Zinsen werden niedrig bleiben. Auch dürften wir in Zukunft besser mit Corona fertigwerden, vor allem, wenn nächstes Jahr Impfstoffe und Virenhemmer für den breiten Einsatz zur Verfügung stehen. All dies dürfte Anleger wieder mehr für risikobehaftete Titel einnehmen. Die jüngsten chinesischen Wachstumszahlen könnten ein Vorbote dessen sein, was auch in anderen Weltregionen möglich ist, falls die Infektionen abnehmen und in den nächsten sechs Monaten niedrig bleiben.

Der chinesische Aktienmarkt war dieses Jahr einer der stärksten, neben der NASDAQ und anderen Indizes für US-Wachstums-werte. Diese Märkte gaben im 1. Quartal weniger stark nach und haben danach am stärksten zugelegt. Ganz anders sieht es in Japan, in Europa und bei Small Caps aus: Hier waren die Verluste im 1. Quartal größer und die Erholungen längst nicht so aus-geprägt. Offensichtlich ist die chinesische Wirtschaft sehr stabil, und das Land hat die Pandemie erfolgreich eingedämmt. Die Performance amerikanischer Aktien war hingegen von Internetfirmen und ausgewählten Konsumverbrauchsgütertiteln domi-niert. Der NYFANG-Index ist in diesem Jahr um 80% gestiegen, der S&P 500 Composite Total Return Index hingegen nur um 9,4%. Der gleichgewichtete S&P Index bewegte sich seitwärts.

Der Konjunkturausblick bleibt unsicher. In den USA scheinen die Unternehmensgewinne im 3. Quartal zwar höher zu sein als erwartet, doch bleiben die Konsenserwartungen für 2021 in den USA wie in Europa hinter den Prognosen vom Jahresende 2019 zurück. Außerdem sind die langfristigen Anleiherenditen noch immer nicht erkennbar gestiegen, obwohl die Break-even-Inflation allmählich zunimmt. Die Aktienmärkte werden nach wie vor nur von wenigen Titeln getragen. Im neuen Jahr könnten Zykliker aufholen, doch einstweilen dominieren wohl noch Wachstumswerte. Längerfristige, teilweise disruptive Entwicklungen sprechen für amerikanische Technologieunternehmen. Auch China verspricht Wachstum. Das BIP wächst hier fast wieder so stark wie vor der Pandemie, und chinesische Technologieaktien könnten ihre amerikanischen Pendants durchaus hinter sich lassen. Eines der wichtigsten Investmentthemen der kommenden Jahre wird sein, was eine mögliche Biden-Administration für große amerikanische Technologiekonzerne und für China bedeutet.


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