Das Beste aus den 70er und 80er Jahren?

Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 14.04.2023

Können wir für die Einschätzung der aktuellen Lage an den Kapitalmärkten etwas aus der Geschichte der Hochinflation der 70er oder 80er Jahre lernen? Beide Male führte ein Energiepreisschock zu sehr hohen Inflationsraten und beide Male intervenierte die amerikanische Zentralbank, um die Inflation unter Kontrolle zu bekommen. Natürlich waren die Aktienmärkte jeweils nach der Ankündigung restriktiver Maßnahmen von starken Korrekturen geprägt. Doch wann genau begannen wieder deutliche Erholungen? Der Vergleich mit der Inflationsrate und Zinsen zeigt, dass Aktien genau am vermeintlichen Höhepunkt der kurzen Zinsen und der Inflationsrate begannen zu steigen. Dies ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil zu diesen Zeitpunkten keinerlei Bestätigung durch gute Wirtschaftszahlen oder Unternehmensgewinne erkennbar war.

Im Gegenteil, durch die schnellen Zinsanstiege musste immer ein deutlicher Abschwung in der Wirtschaftsaktivität erwartet werden, und Gewinne gerieten noch deutlich unter Druck. So war in der Rezession 1974 der Tiefpunkt in Stimmungsindikatoren der Wirtschaft wie Einkaufsmanagerindizes erst ca. 6 Monate nach der Erholungsbewegung der Aktienmärkte zu beobachten. Auch die Gewinne der Unternehmen waren noch deutlich rückläufig. Offensichtlich ergibt sich aus dem Vergleich mit den 70er und 80er Jahren ein wesentlicher Lerneffekt: Aktienmärkte versuchen zu antizipieren und nehmen Entwicklungen vorweg. In Zeiten schwerer Inflationsschocks sind die Belastungen aus der Inflation offenbar so hoch in der Wahrnehmung der Märkte, dass sie bereits aus dem Erreichen der möglichen Höhepunkte Hoffnung auf eine Besserung der Lage schöpfen, und beginnen zu deutlichen Erholungsbewegungen anzusetzen. Hier gibt es durchaus Parallelen zur aktuellen Lage: Bereits im September, als die Inflationsrate in Deutschland über die Marke von 11% gestiegen war, setzte der Dax zu einer Erholung an, die im Rückspiegel betrachtet zu einer Performance von 30% führte. Dabei spielt aktuell keine Rolle, dass die Zentralbank die Zinsen weiter angehoben hat und weiter anheben will, und dass die Aussichten für Unternehmensgewinne eher schwach sind.

Auch sind die gesamtwirtschaftlichen Ausblicke der Ökonomen eher von Skepsis geprägt. Deshalb ergibt sich die Erkenntnis, dass Aktienmärkte in Zeiten schwerer Schocks höchst fokussiert auf die auslösenden kritischen Faktoren sind. Daher gilt der Zusammenhang, dass eine Entspannung bei diesen Faktoren, wie hier im letzten Jahr der Rückgang der Gaspreise in Europa, alles andere überwiegt. Doch die Lage ist komplexer. Durch die Zeitverzögerung, mit der sich niedrigere Energiepreise durch das Preisgefüge arbeiten und die inzwischen entstandenen Folgewirkungen hoher Inflation wie hohe Zinsen, Lohnsteigerungen und Kaufzurückhaltung, müssen für einige Zeit schlechte Wirtschaftsnachrichten verkraftet werden. Dazu gehören auch Anpassungsprobleme im Finanzsektor an das zu schnell gestiegene Zinsniveau. Auch im Bau- und Immobiliensektor ist das bereits zu erkennen.

Doch warum halten sich die Märkte dann immer noch? Erstens gibt es Stimmungsindikatoren wie den Ifo-Index die sich seit den Tiefpunkten im letzten Jahr wieder klar erholt haben. Befragte Unternehmen sind zuversichtlicher. Dies gilt auch für den Datenfluss globaler Daten. Zweitens halten sich Erwartungen zu Unternehmensgewinnen hartnäckig positiver als das die vorsichtigen Ausblicke eigentlich zulassen. Auch hier gibt es eine Analogie zu den 70er und 80ern: Unternehmen profitieren in der ersten Phase auch von Inflation, indem sie Preiserhöhungen durchsetzen können. Allen voran der Energiesektor, aber auch klar erkennbar die Luxusgüter, der Nahrungsmittelsektor oder die Automobile. Drittens versuchen auch die Investoren am Rentenmarkt Entwicklungen zu antizipieren und erwarten deutlich niedrigere Zinsen an den Terminmärkten, insbesondere für die Leitzinsen und kurze Laufzeiten wegen der möglichen Rezession.

Damit ergibt sich aktuell ein schwer beherrschbares Gemisch aus hohen Erwartungen der Märkte, gedämpften Ausblicken der Ökonomen, einem Finanzsektor, der mit hohem Zinsen kämpft und allen voran Zentralbanken, die versuchen die Lage möglichst im Griff zu behalten und den restriktiven Kurs nicht aufzugeben.

Bleibt die Haupterkenntnis aus der Geschichte der 70er und 80er: je größer die Inflationsschocks, je höher die Anzahl möglicher Risiken, desto höher die Renditemöglichkeiten für Aktien, wenn die Lage sich beruhigt. Dazu müssen Politiker und Zentralbanker beherzte Politik machen. Paul Volcker als Chef der amerikanischen Zentralbank legte zu Beginn der 80er den Grundstein für vier Jahrzehnte boomende Märkte. Bleibt abzuwarten, ob Jerome Powell und Christine Lagarde in diese Fußstapfen treten können. Auch die Politik versucht es. Die fiskalpolitischen Programme diesseits und jenseits des Atlantiks sind enorm. Auch hier gibt es eine Analogie zu Ronald Reagan und seinem ‚Starwars‘ Programm zu Beginn der 80er.

Die Woche voraus

Kommende Woche bekommen wir zu Beginn Aufschluss über den amerikanischen Häusermarkt mit Baubeginnen und dem Index der Vereinigung der Hausbauer (NAHB). Mitte der Woche folgt das ZEW-Konjunkturbarometer für Deutschland und die Arbeitslosenzahlen aus Großbritannien begleitet von den Konsumentenpreisen. In den USA die wöchentlichen Arbeitsmarktdaten. Spannend wird der Freitag mit der Veröffentlichung der Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone, Deutschland, Frankreich, UK, Japan und die USA. Erwartet wird, dass die Stimmung sich nochmal leicht gebessert hat.

Thomas Tilse
Director, Head of Portfolio Strategy Private Clients

 

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