Das Endspiel beginnt

Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 15.09.2023

Als Brandbekämpfung lässt sich vielleicht am treffendsten die erste Phase im Straffungszyklus der US-Notenbank Federal Reserve im Jahr 2022 charakterisieren. Bis dahin war die Geldpolitik viel zu weit gelockert worden, stütze die Fiskalpolitik mit exorbitanten Maßnahmen die Verbraucherausgaben und zog die Inflation rasant nach oben.

Anfang 2023, als sich eine Desinflation in den USA abzuzeichnen schien, trat die geldpolitische Straffung in eine Normalisierungs-phase ein. In der Folge schraubte die Federal Reserve das Tempo, mit dem sie die Zielspanne des Federal Funds Rate (US-Leitzins) erhöht hatte, wieder zurück.

Jetzt beginnt was man in Anlehnung an eine Schachpartie als Endspiel in der restriktiveren Zinspolitik der Fed bezeichnen könnte. Es wird zunehmend offensichtlich, dass der Zinsgipfel bald erreicht wird. Dennoch sind wir der Ansicht, dass der geldpolitische Straffungszyklus noch nicht ganz abgeschlossen ist.

Wie lässt sich dieses vermeintliche Paradoxon erklären?

Zunächst bleibt festzuhalten, dass sich die Federal Reserve das Endspiel entweder aktiv oder passiv gestalten kann. Eine aktive Vorgehensweise dürfte natürlich weitere Zinsanhebungen einschließen, damit die Wahrscheinlichkeit anhaltend hoher Inflation möglichst gering bleibt. Einen aktiven Ansatz kann die US-Notenbank aber auch durch eine Anpassung ihrer Wachstums- und Inflationsprognosen, sowie des Leitzinsziels selbst, verfolgen. Diese Faktoren dürften unserer Einschätzung nach bei der nächsten Fed-Sitzung von großer Bedeutung sein.

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Akteuren, die dieses Endspiel beeinflussen. Geldpolitische Kurskorrekturen anderer Zentralbanken – allen voran der Bank of Japan – wirken sich auf die Renditen langlaufender Staatsanleihen an den globalen Rentenmärkten aus. Diese Renditen haben wegen der Größe des US-Hypothekenmarktes, in dem die Mehrheit der Kreditnehmer an feste Zinssätze mit Laufzeiten von mehr als zehn Jahren gebunden ist, stärkere Auswirkungen auf die US-Wirtschaft als in vielen anderen Ländern. Steigende Anleiherenditen schlagen sich zudem in höheren Finanzierungskosten von Unternehmen nieder.

Abschließend kann die US-Notenbank selbst im Falle eines vollständig passiven Vorgehens die monetären Rahmenbedingungen weiter straffen, indem sie die Zinsen bei sinkenden Inflationsraten stabil hält. Höhere Realzinsen, die sich vereinfacht als die Differenz zwischen den nominalen Anleiherenditen und der zu erwartenden Inflation beschreiben lassen, entfalten eine unmittelbare Wirkung. Denn sie führen durch einen höheren Diskontierungssatz zu einem Anstieg der von Investoren geforderten Realrenditen ihrer Investitionen in der Realwirtschaft sowie ihrer Investmentportfolios. Diese beiden Entwicklungen sorgen tendenziell für eine Abwertung von Vermögenswerten, deren Cashflows im Verhältnis zu den Realzinsen bewertet werden. Um die Vielfalt der davon betroffenen Werte zu verdeutlichen können diese beispielsweise Infrastrukturanlagen, Immobilien sowie mehrere Währungen, insbesondere Gold, umfassen. Unserer Auffassung nach wird diese passive Straffung viele Monate, nachdem die Fed den Zinserhöhungszyklus beendet hat, noch andauern.

Die unmittelbare Entscheidung

Die kommende Fed-Sitzung findet vor dem Hintergrund äußerst erfreulicher Konjunkturdaten, die eine positive Entwicklung der US-Wirtschaft unterstreichen. Demnach hat sich die realwirtschaftliche Dynamik weiter verfestigt, während sowohl die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt als auch die Kerninflation nachgelassen haben.

Auch wenn dies manche dazu ermutigen könnte, daraus zu schließen, dass das Endspiel so gut wie gelaufen sei und der Sieg gegen die Inflation in greifbare Nähe rücke: Wir sind der Überzeugung, dass der geldpolitische Straffungskurs noch nicht abgeschlossen ist. In der Vergangenheit hat ein Rückgang der Inflation von der Spitze oftmals eine Welle der Renaissance nach sich gezogen - eine Entwicklung, die sich angesichts jüngster Ölpreissteigerungen zu wiederholen droht. Aus diesem Grund halten wir es für wahrscheinlich, dass die Fed in ihrer kommenden Sitzung den Leitzins unverändert lassen, in ihren Prognosen weiterhin eine letzte Anhebung vor Jahresende signalisieren und womöglich die Aussichten auf Zinssenkungen im nächsten Jahr nochmals dämpfen wird.

Die Woche voraus

In der kommenden Woche finden neben der Sitzung der Federal Reserve auch Sitzungen der Bank of England und der Bank of Japan statt, welche ebenfalls geldpolitische Beschlüsse verkünden werden. Wir rechnen mit einer Leitzinsanhebung um 25 Basispunkte durch die Bank of England und einer Beibehaltung des Leitzinses auf dem aktuellen Niveau durch die Bank of Japan.

Erst Ende der Woche stehen in den USA, im Euroraum, in Japan und im Vereinigten Königreich die wichtigsten Flash-PMI-Daten an. In letzter Zeit gab es in einigen Ländern Anzeichen für eine beginnende Stabilisierung im verarbeitenden Gewerbe, die einen wesentlichen Beitrag zur ersehnten „weichen Landung“ leisten würde. Die Stimmung im Dienstleistungssektor hat sich im Euroraum sowie in Großbritannien hingegen so stark eingetrübt, dass ein weiterer Rückgang der Einkaufsmanagerindizes die Gefahr einer Schrumpfung der Konjunktur erhöhen würde. Die im letzten Monat veröffentlichten Erhebungen unter Dienstleistern in den USA fielen recht unterschiedlich aus, so dass die jetzt anstehenden Indikatoren einen besonders entscheidenden Hinweis auf die Wachstumsaussichten liefern werden

Zwar ist das Endspiel eröffnet. Doch die Woche voraus dürfte wohl keine endgültige Klarheit über dessen Ausgang schaffen. Die meisten Assetmärkte werden schlichtweg noch einige Zeit warten müssen, bis sie den nächsten Schub durch positive Nachrichten erhalten.

Sean Shepley
Senior Economist
 

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