Die Flut

Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 24.03.2023

Während der Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) weiter für Unruhe rund um den Globus sorgt, platzen auch die noch jungen Blütenträume der „modernen Geldtheorie“ (MMT – „Modern Monetary Theory“), welche im Kern davon ausgeht, dass letztlich die Fiskalpolitik keine Restriktionen kenne, da die Staaten nicht an den Knappheitsfaktor Geld gebunden seien. Im Gegenteil, sie könnten dieses ja nach Bedarf herstellen. Herstellen sicher - wie die aufgeblähten Bilanzen der Zentralbanken zeigen, die sich in der Folge von Lehman-Pleite, Euro-Schuldenkrise und Pandemie geradezu mit Staatsanleihen vollgesogen haben - aber eben nicht folgenlos. Im Gegenteil. Der „Preis des Geldes“, der Zins, hat in einer Volkswirtschaft die zentrale Informationsund Anreizfunktion. Ist er verzerrt, liefern alle anderen Preise ebenfalls Fehlsignale. Kommt es zu Fehlinvestitionen. Vermögenspreisblasen bilden sich, Risiken werden ausgeblendet, da sie ja mittels eines (vermeintlichen) Zentralbank-Puts nach unten abgesichert erscheinen. Kein Wunder, wenn Märkte am Ende geradezu affekthaft „Zinsphantasien“ entwickeln, und jede noch so kleine Konjunkturzahl auf eine mögliche Zinssenkung hin durchleuchten.

Was wir über die Zeitphase der finanziellen Repression und der Niedrig- /Negativrenditen verlernt haben: Geld ist nicht beliebig verfügbar. Zwar ist Helikoptergeld technisch durchführbar, eine Manna-Maschine ist es aber nicht. In einem Warren Buffett zugeschriebenen Zitat heißt es: Wenn die Liquiditätsflut „zurückgeht, sieht man, wer alles ohne Badehose geschwommen ist.“ Der Aufschlag auf dem Strandboden bei Ebbe kann hart sein, woran uns die Ereignisse im Bankensektor dieser Tage erinnern. Und die Liquiditätsflut geht zurück. Anders ist das Handeln der Zentralbanken weltweit nicht zu interpretieren. Dass es dabei zu „Badeunfällen“ kommen kann, daran erinnert die Geschichte der Finanzzyklen zuhauf (siehe Grafik der Woche).

Vor diesem Hintergrund hatte es die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) auf ihrer jüngsten Sitzung des geldpolitischen Ausschusses nicht gerade leicht. Die jüngsten Preisdaten lieferten ihr genügend Munition, um ihren Kampf gegen die Inflation fortzusetzen. Inflationsbekämpfung bei gleichzeitiger Bereitschaft den Liquiditätsfluss (merke: „Fluss“ ist nicht „Flut“) aufrecht zu erhalten, heißt die Devise. Das machte sich bei ihren jüngsten Beschlüssen bemerkbar. Zwar hob sie ihren Leitzins um 25 Basispunkte an, wurde aber im Ausblick deutlich vorsichtiger.

Auch die Zentralbank Chinas war nicht untätig. Die People‘s Bank of China hatte schon in der Vorwoche den Mindestreservesatz (“reserve requirement ratio”) um 25 Basispunkte gesenkt, als Maßnahme um die Interbanken-Liquidität zu stärken, aber auch als Signal, dass sie das Wachstum stärken will.

Die Woche voraus

Die Märkte fassten im Verlauf der abgelaufenen Woche zwar wieder Vertrauen und atmeten nach schwachen Tagen wieder durch. Das Problem ist aber nicht aus der Welt. Das langsame Zurückgehen der Liquiditätsflut sollte sich immer wieder bemerkbar machen. In diesem Kontext gilt es auch, die jüngste FOMC-Sitzung zu verdauen.

Daneben stehen überwiegend Stimmungsindikatoren an, mit einem entsprechend vorlaufenden Charakter der konjunkturellen Entwicklung. Gleich am Montag kommt der viel beachtete ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland. Interessant zu sehen wird, ob sich die Divergenz zwischen schwächelnder Lage- und sich erholender Erwartungskomponente fortsetzt, oder ob sich die Lagekomponente, z.B. in Folge des drastisch verringerten Gas- und Ölpreises, verbessert. Der Dienstag sollte geprägt werden durch das Verbrauchervertrauen des Conference Boards und des Stimmungsindikators der Richmond-Fed für die USA. Am Mittwoch wird das GfK-Verbrauchervertrauen für Deutschland veröffentlicht. Am Donnerstag kommen die finalen Daten für das US-Bruttoinlandsprodukt (BIP). Der Consensus stellte sich auf eine leichte Verbesserung gegenüber der schon starken 2. Schätzung für das 4. Quartal 2022 ein. Wohl kaum ein Aufreger. Gelten die BIP-Daten doch als solche schon als stark rückblickend. Den Abschluss der herausragenden Datenpunkte sollte am Freitag der Deflator für die privaten Konsumausgaben in den USA sein, der besondere Aufmerksamkeit erhalten sollte. In einem insgesamt unruhiger gewordenen Kapitalmarktumfeld liegt es nahe aus kurzfristig taktischer Sicht die Badehose festzuhalten, sprich die Aktienquote zu reduzieren. Auf der Anleihenseite ist ebenfalls Fingerspitzengefühl gefragt. US-Treasuries sollten zunächst von der zurückschwappenden Risikoneigung und dem Kampf der Zentralbanken gegen die Inflation profitieren, da diese die Inflationserwartungen verringern sollte. Mittelfristig muss dieses Segment dann aber sehr wohl die Erkenntnis verarbeiten, dass die Inflation gekommen ist, um zu bleiben, während gleichzeitig die Zentralbanken fortfahren die Flut des billigen Geldes zu verringern, spricht ihre Bilanzen abzubauen und Anleihen auf den Markt zu bringen.

Behalten Sie den Kopf über Wasser,

Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research
 

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