DWS CIO View - 02. Juli 2019

Investmentampeln

UNSERE MONATLICHE MARKTANALYSE UND POSITIONIERUNG
Der Juni wurde von überraschend locker auftretenden Zentralbanken bestimmt, welche einigen Ak-tienmärkten neue Hochs und einigen Bondrenditen neue Tiefs bescherten. Doch die Freude ist nicht ungetrübt.

MARKTÜBERBLICK
Wo bleibt nur die gute Sommerlaune? Ist den Leuten angesichts der Rekordtemperaturen einfach zu heiß? Ebenso wie den Anlegern angesichts vieler Rekordin-dexstände? Jedenfalls besteht eine ungewöhnlich hohe Diskrepanz zwischen Kursständen, Positionie-rung und Stimmung der professionellen Anleger. Auch die dürftigen Handelsvolumina an den Aktienbörsen drücken keine Euphorie aus. Ein Grund könnte die Dauersorge Handelsstreitigkeiten sein, verbunden mit der vagen Ahnung, dass auch der viel antizipierte G20-Gipfel keine Klarheit bringen könnte. Und so ist es auch gekommen. Zwar haben US-Präsident Donald Trump und Präsident Xi Jinping miteinander gespro-chen und die angedrohten neuen Tarife auf Importe in Höhe von 300 Milliarden wurden erstmal vertagt. Zu-dem erhielten US-Firmen die Erlaubnis, gewisse Vor-produkte weiterhin an das chinesische Telekommuni-kationsunternehmen Huawei liefern zu dürfen. Aus Marktperspektive dürfte dies noch die einzige größere Überraschung gewesen sein, aber das war es dann auch schon. Der Handelsstreit und viel mehr noch das Ringen um die technologische Vorherrschaft sollten die Märkte und die Unternehmen noch länger be-schäftigen. Insbesondere, wo sie seit diesem Jahr davon ausgehen müssen, dass neue Strafzölle oder Sanktionen gegen einzelne Firmen jederzeit wieder eingeführt werden können, was die Planung ihrer Wertschöpfungsketten enorm erschwert. Das könnte einer der Gründe für die überraschend akkommodie-renden Töne der US Federal Reserve (Fed) und der Europäischen Zentralbank (EZB) gewesen sein. Zwei-fellos war die Wende nach der Wende der Zentralban-ken, also die Ankündigung, für eine Zinssenkung bereitzustehen und damit die kurze Periode geldpoliti-scher Straffung schon wieder zu beenden, das domi-nierende Marktthema im Juni. Ebenso wie die Frage nach den eigentlichen Motiven der Zentralbanken. Wurde die Fed von den Märkten getrieben, die schon länger mehrere Zinskürzungen einpreisen? Oder vom US-Präsidenten, der der Fed gerne mit Ratschlägen zur Seite steht, die meist das Thema Zinssenkung beinhalten?1 Oder eben doch von der sich abzeich-nenden Investitionszurückhaltung von Unternehmen und Verbrauchern als Folge des Handelsstreits? Oder reagierten die Währungshüter ganz schlicht auf Inflati-onszahlen? Hier müssten sie aber schon weit nach vorne, also auf die Inflationserwartungen geschaut haben, da die aktuellen Kerninflationszahlen weiterhin wenig Dynamik nach oben oder unten zeigen. Unse-rer Ansicht nach bieten die harten Wirtschaftsdaten keine hinreichende Basis für eine Zinskürzung. Doch haben sich jetzt sowohl EZB als auch Fed bereits so sehr aus dem Fenster gelehnt, dass sie kaum noch einen Rückzieher machen können. Den ersten Zins-schritt der Fed erwarten wir nun bereits im Juli.

Auf Basis dieses neuen Zinsumfelds – "lower for lon-ger2" – haben die Anlageklassen im Juni einige Kapri-olen geschlagen und neue Rekorde aufgestellt – so die Aktienleitindizes in den USA, Australien und der Schweiz. Auch an den Rentenmärkten tat sich Beein-druckendes. Die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen unterschritten erstmals seit Dezember 2016 die Zwei-Prozent-Marke, während die Bundren-diten auf nie zuvor erreichte -0,35 Prozent rutschten. Man muss in Deutschland seine Staatsanleihen schon fast 20 Jahre halten, um mit einer positiven Rendite belohnt zu werden. Die wiedergefundene Lockerheit der Zentralbanken führte zudem dazu, dass mittler-weile weltweit Anleihen mit einem Volumen von über 13 Billionen Dollar negativ rentieren, womit der alte Rekord vom Juni 2016 gebrochen werden konnte. Zu den größten Gewinnern der Anleiherally zählten hö-herrentierliche Papiere wie Staatsanleihen aus Italien oder den Schwellenländern, sowie Hochzinsanleihen aus den USA oder der Eurozone. Auch bei Aktien griff man zu den zyklischen Werten, etwa den Sektoren Grundstoffe / Bergbau, Informationstechnologie und zyklische Konsumgüter. Doch diese "Risk-on" Eupho-rie schien nicht allen geheuer zu sein. Gleichzeitig legte nämlich auch Gold einen starken Monats-Spurt hin und erklomm erstmals seit sechs Jahren die 1400-US-Dollar-Marke (DWS Chart of the Week; Stand: 26.06.2019). Noch kräftiger ging es bei den vermeint-lichen alternativen Fluchtvehikeln, den Kryptowährun-gen nach oben. Damit lässt sich eine Barbell-Strategie erkennen: Mittels riskanterer Anlagen am Geschenk der Zentralbanken partizipieren und sich dabei mit Gold oder langlaufenden Staatsanleihen vor den geopolitischen Gefahren schützen, die die Zent-ralbanken als weiteren Grund für ihre neue Lockerheit anführen.

AUSBLICK UND ÄNDERUNGEN
Die Geschwindigkeit, mit der die Fed und die EZB vom Straffungs- in den Lockerungsmodus übergegan-gen sind, hat auch uns überrascht. Wir haben daher beschlossen, in einer außerordentlichen strategischen Sitzung einige unserer 12-Monatsprognosen anzu-passen (DWS CIO Flash; Stand: 25.06.2019). Wir gehen nunmehr von zwei Zinssenkungen à 25 Basis-punkte bei der Fed aus. Für die Renditen der US-Staatsanleihen bedeutet dies eine Reduzierung von 30 Basispunkten für jeweils 2, 10- und 30-jährige An-leihen auf jetzt 1,7, 2,0 und 2,5 Prozent. Von der EZB erwarten wir eine Zinssenkung von 10 Basispunkten im Depositensatz bei gleichzeitiger Einführung eines Freibetragssystems für Überschussreserven. Bei Bundrenditen haben wir somit bei den entsprechen-den Laufzeiten (2-, 10- und 30-Jahre) die Renditen auf jetzt -0,70, -0,10 und 0,40 Prozent reduziert. Die Spreadprognosen für US-Unternehmensanleihen las-sen wir unverändert, während wir nun bei Euro-Unternehmensanleihen und Anleihen der Peripherie-staaten mit einem geringeren Spread rechnen, da hier die EZB für neue Käufe wieder parat stehen könnte. An unseren strategischen Aktienmarktprognosen ha-ben wir jedoch nichts verändert, da wir nicht erwarten, dass der Impuls möglicher Zinssenkungen die höhe-ren Risiken überkompensiert.

Auch bei unserer taktischen Ausrichtung haben die ambivalenten Ereignisse vom Juni Spuren hinterlas-sen. Die Märkte sind weit vorgeprescht und könnten entsprechend enttäuscht werden. Wenn etwa die Fed irgendwann zu erkennen gibt, dass sie die vier vom Markt bereits erwarteten Zinssenkungen bis Mitte 2020 für übertrieben hält. Oder sich die Erkenntnis durchsetzt, dass das G20-Treffen letztlich wenig Pla-nungssicherheit gebracht hat. Im Rahmen der anlau-fenden Quartalsberichtserstattung dürfte es schon bei der Beibehaltung der bereits angekündigten US-Strafzölle gegenüber China Revisionsbedarf bei den Gewinnschätzungen geben. Wir gehen also aufmerk-sam in den Sommer, haben aber an unseren regiona-len und sektoralen Präferenzen keine Veränderungen vorgenommen. Auch wenn wir die stimulierende Wir-kung der angekündigten expansiveren Geldpolitik auf die Realwirtschaften anzweifeln, so dürfte sie auf die Anleihemärkte noch länger wirken. US-Unternehmensanleihen im Investmentgradebereich, Staatsanleihen und Unternehmensanleihen der Schwellenländer sowie Euro-Hochzinsanleihen haben wir taktisch wieder auf positiv hochgestuft. Beim Euro-Dollar hingegen sind wir auf Neutral zurückgegangen. Hier mehren sich zwar die Faktoren, die für den Euro sprechen, doch rechnen wir vorerst weiter mit einer Seitwärtsbewegung. Erwähnenswert ist noch, dass die US-Zinskurve wieder steiler wird und sich insbe-sondere die vielbeachtete Differenz zwischen 2- und 10-jährigen Treasury-Renditen langsam wieder von der Nulllinie entfernt.

Alles in allem glauben wir zwar nicht, dass sich die Zentralbanken mit ihrer übereiligen Festlegung auf eine lockere Gangart einen großen Gefallen getan haben. Sie wirken nun wie Getriebene und nicht mehr wie die Treibenden im Markt. Die dankbare Reaktion der Märkte können wir jedoch nicht ignorieren, auch wenn sie das Enttäuschungspotenzial erhöht. Einen Monat bevor die USA den längsten Konjunkturauf-schwung ihrer Geschichte erleben, bleibt unser Ge-samtbild vorsichtig optimistisch.

DIE MULTI-ASSET PERSPEKTIVE
Auch wenn wir glauben, dass der Markt in den kom-menden Monaten Anlässe sehen könnte, kurzfristig neue Hochs zu erklimmen, halten wir – aus den oben bereits erwähnten Gründen, insbesondere den Han-delskonflikten – vorerst an unserer geringeren Risiko-bereitschaft fest. Wir warten auf einen Rückschlag, bevor wir das Risiko wieder erhöhen. Allerdings ge-währen die Zentralbanken mit ihrer erneuten akkommodierenden Ausrichtung dem Markt eine deutliche Unterstützung.

Aktien: Auch wenn wir strategisch mit wenig Kurspotenzial rechnen, sollten Aktien vom neuen Niedrigzinsumfeld unterstützt werden. Wir warten auf bessere Einstiegsgelegenheiten. Von der anlaufen-den US-Quartalsberichtssaison erwarten wir keine klaren Impulse. Schwellenländer bleiben unser Favorit.

Anleihen: Der Markt ist unseres Erachtens zu ag-gressiv bei der Einpreisung künftiger Fed-Zinskürzungen. Hier könnte es durchaus zu Enttäuschungen bei der nächsten Fed-Sitzung Ende Juli kommen. Wenn der Markt zu viele Zinsschnitte ein-preist, hat auch das kurze Ende Zinsrisiken. Generell haben länger laufende Anleihen durch das länger an-haltende Niedrigzinsumfeld an Attraktivität gewonnen, insbesondere auch aus Diversifikationsgründen. Wir ziehen US-Staatsanleihen denen von Kerneuropa vor. Das Währungspaar EUR/USD haben wir auf neutral hochgestuft und würden aus europäischer Sicht die Dollargewichtung zugunsten des Euro zurückfahren. Den japanischen Yen sehen wir ebenso wie Gold als guten Risikodiversifikator.


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DWS Investment GmbH 2019 Stand: 01.07.2019
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