DWS Quarterly CIO VIEW - 19. November 2020

Überraschend optimistisch für 2021

2020 endet aus Anlegersicht versöhnlich genug, um 2021 mit Optimismus zu begegnen.
Wesentliche Prämisse sind niedrige Zinsen.

 "Die Pandemie dürfte Menschen und Unternehmen auch über den Jahreswechsel hinaus noch viele Probleme bereiten. Wir denken jedoch, dass Anleger darüber hinwegsehen, und sich auf Gewinnwachstum bei gleichzeitig lockerer Geldpolitik konzentrieren werden."

Stefan Kreuzkamp, Chief Investment Officer und Leiter der Investment Division

Hätte unser Jahresausblick für 2021 anders ausgesehen, wenn wir ihn bereits Mitte Oktober formuliert hätten? Ja, aber nur zum Teil – dem Kapitalmarktteil. An unseren Wirtschaftsprognosen hätte sich wenig verändert. Denn einige Ereignisse der vergangenen Wochen fügten sich zwar gut in unser makroökonomisches Bild, wurden vom Markt aber noch eher skeptisch gesehen – und bewertet. Nachdem das Risikoszenario abgewendet war, ebbte im Markt die Angst vor einer größeren Kurskorrektur ab. Dieser Optimismus dürfte unseres Erachtens die Märkte auch im neuen Jahr noch tragen.

Zu den positiven Weichenstellungen der jüngsten Zeit gehörten: 1. Der Impfstoff, 2. Der Ausgang der US-Wahl, 3. Die Quartalszahlen. Im Detail: 1. Die größte Marktreaktion löste aus gutem Grund die Nachricht aus Mainz zum Fortschritt bei der Impfstoffentwicklung aus. Zwar waren medizinische Fortschritte im Umgang mit Covid-19 ohnehin Grundlage unseres 2021er Ausblicks. Doch wenn aus einer Annahme Gewissheit wird, kann das eine enorme Dynamik auslösen. Zumal wenn es sich um ein so vielversprechendes Medikament handelt, das auch das Potenzial für weitere Medikamente aufzeigt. Und das so Verbrauchern und Firmen erstmals deutlich das Licht am Ende der Tunnels aufzeigt. Wir rechnen damit, dass die Pandemie Ende 2021 weitgehend unter Kontrolle gebracht werden wird. 2. Trotz eines unerfreulichen Nachspiels ist die US-Wahl insgesamt reibungslos verlaufen und lieferte ein Ergebnis, mit dem sich die Anleger schnell anfreunden konnten. Amerikas Handelspartner dürften sich insbesondere eine berechenbarere Handelspolitik unter einem Präsidenten Joe Biden erhoffen. Amerikas Unternehmen wiederum dürfte in erster Linie freuen, dass ein – voraussichtlich – weiterhin republikanisch geführter Senat keine umfassenden Steuererhöhungen billigen dürfte. 3. Unterm Strich haben sowohl die gesamtwirtschaftlichen Zahlen, als auch die Unternehmensergebnisse im dritten Quartal leicht positiv überrascht. Es hat sich gezeigt, dass viele Länder ihre Wirtschaft nach dem Lockdown im Frühjahr recht schnell wieder hochfahren konnten.

Zu den positiven Weichenstellungen der jüngsten Zeit gehörten:
1. Der Impfstoff, 2. Der Ausgang der US-Wahl, 3. Die Quartalszahlen.

Zu diesen drei genannten Punkten gesellen sich, zeitlich unspezifischer, die Fortschritte bei der Verabschiedung des 750-Mrd.-Euro Corona-Rettungspakets der EU, sowie die nunmehr auch explizit kommunizierte Bereitschaft der großen Zentralbanken, einer aufkeimenden Inflation nicht unmittelbar mit einer Zinserhöhung zu begegnen. Nicht zuletzt denken wir, dass sich auch die Aussicht auf konstruktivere Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien verbessert haben dürfte, nachdem der Druck auf Boris Johnson auch innenpolitisch immer größer geworden war.

Was das für die einzelnen Anlageklassen bedeutet versteht man nur, wenn man sich zunächst das Gesamtbild aus Anlegersicht vor Augen hält: Nur dank China könnte die Weltwirtschaft 2021 ihr Leistungsniveau von 2019 wieder erreichen. Dennoch notieren die Weltbörsen Mitte November auf Höchstständen. Wie ist das zu erklären? Unserer Meinung nach mit dem starken erwarteten Wirtschaftswachstum, welches aber vorerst aufgrund der unterausgelasteten Kapazitäten keine Überhitzungsgefahr und damit keinen Inflationsdruck in sich birgt. Die Rezession, die man bis Ende 2019 noch für die mittelbare Zukunft befürchtete, ist nun im besten Fall vom Tisch, da sie bereits 2020 eintrat. Hinzu kommt die bereits erwähnte zugesicherte Zurückhaltung der Zentralbanken bezüglich Zinserhöhungen. Daher rechnen wir auch über den Prognosehorizont hinaus mit niedrigen Zinsen.

Gewinnwachstum und Niedrigzinsumfeld bilden die Grundlage für unseren optimistischen Blick auf Aktien, da sie uns erlauben, die Risikoprämie zu verringern, womit sich unser Ziel-KGVs (Kurs-Gewinn-Verhältnis) erhöht. Daraus ergibt sich ein weiteres Kurspotenzial im höheren einstelligen Prozentbereich, und für Asien sogar im zweistelligen Bereich. Asien hat die Pandemie deutlich besser, und zudem ohne die starke Ausweitung der Verschuldung, bewältigt. Außerdem verfügt es über führende Unternehmen in unserem favorisierten Sektor: Technologie und Internet. Letzteres gilt erst recht für den US-Markt, den wir trotz überdurchschnittlich hoher Bewertung weiterhin mögen. Europas Märkte sehen zwar auf den ersten Blick günstiger bewertet aus, doch denken wir, dass ihr zyklisches, exportorientiertes Profil nur phasenweise die Anleger begeistern wird. In dem ab 2022 wieder erwartbaren Umfeld niedrigeren Wachstums bleiben die Wachstumswerte strukturell im Vorteil. Ebenso attraktiv finden wir die von unserem ESG-geleiteten Anlageansatz ohnehin favorisierten Branchen mit positiver CO2-Bilanz. Sie dürften einen weiteren Schub durch den Fokus der europäischen, und bald auch amerikanischen, Politik auf einen "Grünen Deal" erhalten.

Wir erwarten für 2021 deutlich weniger Emissionen bei etwa gleichbleibender Nachfrage.

Im Anleihesegment hat sich wenig verändert, auch hier profitieren die risikoreicheren Segmente vom Niedrigzinsumfeld. Die durch die Marktpanik Anfang 2020 entstandenen höheren Renditen bei Unternehmensanleihen sind teils noch nicht auf ihr Vorkrisenniveau zurückgekehrt. Wir erwarten für 2021 deutlich weniger Emissionen bei etwa gleichbleibender Nachfrage, in der Eurozone weiterhin gestützt durch die EZB. Auch in den Schwellenländern sehen wir weiter in ausgesuchten Regionen und Sektoren gute Chancen, auch vor dem Hintergrund stabilisierter Rohstoffpreise und eines insgesamt seitwärts tendierenden Dollars. Zehnjährige Staatsanleiherenditen der USA sehen wir um die ein Prozent handeln, und auch bei Bundesanleihen erwarten wir tendenziell Seitwärtsbewegungen mit nur leichter Aufwärtstendenz.

Für Gold sehen wir, nicht zuletzt aufgrund der fortwährenden fiskalischen und monetären
Stützungsmaßnahmen, weiteres Aufwärtspotenzial auf bis zu 2100 US-Dollar die Unze. Beim Öl erwarten wir einen geringeren Preisschub, als es die wirtschaftliche Erholung vermuten ließe. Denn insbesondere Saudi-Arabien und Russland sind jederzeit in der Lage, ihre Produktion umgehend auszuweiten.

Die Immobilienmärkte haben sich 2020 sehr unterschiedlich entwickelt. So stark Einzelhandels-, Hotel- und Freizeitimmobilien gelitten haben, so vorsichtig bleiben wir in diesem Segment noch, und bevorzugen die Industrie- und Wohnimmobilien und ausgesuchte Büroimmobilien.

Ein solch optimistischer Kapitalmarktausblick mag inmitten einer Pandemie überraschen. Und natürlich kann man die Risiken – allein die jetzt bereits absehbaren – nicht kleinreden. Unfälle beim Brexit oder beim Nachgang der US-Wahl, sowie Rückschläge bei der Pandemiebekämpfung sind natürlich nicht auszuschließen. Genauso wenig wie ein weiteres Jahr voller Naturkatastrophen und geopolitischer Konflikte (was 2020 aufgrund der Pandemie beinah unterging). So bedauerlich und nachrichtenstark diese Themen aber auch sein könnten, so sehr gehen wir davon aus, dass die Märkte auch weiterhin in erster Linie von Gewinnwachstum und niedrigen Zinsen getrieben werden. Insofern sind wir für 2021 durchaus optimistisch gestimmt.


RECHTLICHER HINWEIS
Prognosen basieren auf Annahmen, Schätzungen, Ansichten und hypothetischen Modellen oder Analysen, die sich als nicht zutreffend oder nicht korrekt herausstellen können. Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Wertentwicklungen. DWS hat nicht die Absicht, bei den noch ausstehenden Wahlen für ein bestimmtes Ergebnis zu werben. DWS Investment GmbH; Stand: 16.11.2020