Loys Capital Kolumne vom 22.07.2025
Die Börsenkorrektur war nur von kurzer Dauer. Schreckensmeldungen über Ausfuhrverbote von Halbleitern und Einfuhrzölle auf zugelieferte Waren aus dem Ausland vermochten den amerikanischen High-Tech-Boom nur kurz auf ein Abstellgleis zu manövrieren. Nach zwischenzeitlich deutlichen Kursrücksetzern haben die Börsenlieblinge der letzten Jahre zu einem neuen Marsch auf Höchststände angesetzt.
Tatsächlich hat der Nasdaq-Index, in welchem viele der KI-Aktien versammelt sind, neue Höchststände erreicht. Dabei wurde das Börsenbarometer vor allem von seinem größten Zugpferd angeführt. Der Chip-Designer und -Hersteller Nvidia führt nach einem Kursanstieg von ca. 70 % in den letzten drei Monaten die Gilde der KI-Aktien an. Demgegenüber wirkt der Altchampion Microsoft mit einem Sprung um 40 % fast träge. Deutlich gemächlicher ging es bei Apple zu. In Cupertino hat man den KI-Zug verpasst und muss nun teuer zukaufen, was man nicht selber entwickeln konnte. Anders sieht es bei Meta Platforms aus. Dort investiert man mit vollen Händen in die Künstliche Intelligenz, nachdem das Thema ´Virtuelle Realität´ bislang nicht das erhoffte Eldorado geworden ist. Hoch spannend ist der Versuch von Elon Musk, Tesla als KI-Unternehmen zu positionieren, nachdem das Autogeschäft in den Rückwärtsgang schalten musste. Aber das Vertrauen in Elon Musk ist an den Börsen riesig und daher mag es nicht verwundern, dass der Börsenwert von Tesla trotz eines Kursrückgangs um ca. 20 % seit Jahresbeginn nach wie vor höher als der Börsenwert aller anderen Automobilhersteller zusammen ist. Derweil ist man an der Börse besorgt hinsichtlich der annähernden Monopolstellung von Google beim Thema Internetrecherche und Werbung. Die Bedenken betreffen vor allem die alternativen Suchanfragen über KI-Modelle wie etwa ChatGPT. Entsprechend zurückhaltend notierten die Alphabet-Aktien in den ersten sechseinhalb Monaten des Jahres.
Sportlich ging es auch bei den Halbleiterherstellern zu. Ungeachtet der zwischenzeitlichen Korrektur liegen Texas Instruments, Advanced Micro Devices, Arm Holdings und Micron Technology etc. seit dem 1.1. deutlich im Plus. Freilich verblassen die Kurszuwächse im Vergleich mit SK hynix, dem südkoreanischen Speicherchip-Giganten. Derber erging es indessen dem Wettbewerber Samsung Electronics, nachdem die Gewinne nach unten korrigiert werden mussten. Ähnliches muss man auch über den niederländischen Lithografie-Champion ASML sagen, wo angesichts der im Raum stehenden Zolldrohungen kaum Kursavancen verzeichnet wurden.
Wie man sich vorstellen kann, ging es in der zweiten Reihe der Technologiefirmen noch wesentlich turbulenter zu. Die wildesten Sprünge gab es bei Palantir, AppLovin und Quantum Computing, wo die Börsenuhr jeweils Kursgewinne von mehreren hundert Prozent verzeichnete.
Wie die benannten Beispiele zeigen, ist die Kursphantasie mittlerweile in vollem Umfang in die dazu passenden Aktien zurückgekehrt. Die üppigen Bewertungen legen davon ebenfalls Zeugnis ab. Palantir wird z. B. mit einem Kurs-Umsatz-Multiplikator weit oberhalb von 100 gehandelt; bei Nvidia liegt der Wert bei ca. 30. Derweil weist die größte deutsche Softwareaktie SAP eine Kurs-Umsatz-Multiplikator von ca. 9 auf. Die am höchsten gewichtete Aktie in meinem eigenen Fonds – Técnicas Reunidas aus Spanien – weist einen Vergleichswert von 0,3 auf, bei allerdings drastisch niedrigeren Margen. Gleichwohl ist der Titel seit Jahresanfang um stramme 90 % angesprungen. Es mag also für viele Anleger tröstlich sein, dass robuste Kurssteigerungen keineswegs ausschließlich im KI-Sektor zu finden sind.
Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns