Loys Capital Kolumne vom 12.03.2019

Zehn Jahre Börsenhausse

Vor  zehn  Jahren   startete   an  der  Wall  Street ein  fulminanter Börsenauf­schwung, der alle anderen Aktienmärkte in seinem Sog nach oben spülte.  Seit dem 9. März 2009 legte der repräsentative und daher marktführende S&P 500 Index  um  367o/o zu,  was  einem   jährlichen  Zugewinn von  knapp  16o/o ent­spricht.  Hinzu kommen noch ca. 2o/o  jährliche Dividenden. Spektakulärer  fielen die Kursgewinne im Nasdaq-lndex  aus. Für dieses Börsenbarometer steht ein Plus von 517o/o (ohne Dividenden)  zu
Buche.

Aber  auch  andere  wichtige  Akti­enindizes  müssen  sich  mit  ihrer Wertentwicklung nicht verste­cken. Der FTSE 100, Europas wichtigster Aktienindex, legte  im genannten Zehnjahresfenster  im­merhin  um  169%  (ohne Dividen­den) zu, wobei  der bevorstehen­de  Brexit ein  belastender  Faktor war.  Derweil  legten große franzö­sische    Dividendenwerte  - ge­messen  am CAC 40 - um  178% zu. ln der gleichen Klasse spielte auch der DAX Index, der inklusive der Dividenden um 200% und damit um durchschnittlich 10,6% pro Jahr gewann. Wesentlich an­spruchsvollere Ergebnisse konn­ten in der zweiten deutschen Bör­senreihe eingefahren werden. Der  MDAX  verzeichnete  in  den letzten zehn Jahren eine Wertent­wicklung von beachtlichen 430%, das heißt mehr als 18% pro Jahr. Im  Land  der  aufgehende Sonne stieg der Nikkei Index um 240%, wobei Dividenden noch hinzukommen. Etwas gemächlicher ging es in China zu, wo etwa der CSI 300 Index im genannten Zeitrahmen um 107% empor kletterte.

Vor allem zwei Entwicklungen sind kausal für den beeindrucken­den Kursaufschwung seit 2009. Die radikalen und vormals unvorstellbaren Zinssenkungen, Ret­tungspakete und Anleihekäufe der  Notenbanken unter Führung der amerikanischen Fed haben das  bis  zur  Subprime-Krise geltende Grundgefüge der Finanz­märkte außer Kraft gesetzt. Mit großer Berechtigung wird seither von einer neuen Normalität ge­sprochen. Zu ihr gehört die trauri­ge Gewissheit, dass die Zins­märkte heute entlang der gesam­ten   Zinsstrukturkurve von den Notenbanken dominiert werden. Von einem  wirklich funktionieren­den Zinsmarkt kann kaum gespro­chen werden. Vielmehr bestimmt die gefühlte  Notwendigkeit einer permanenten Staatsfinanzierung durch die Notenbanken die Lage der Zinsmärkte bis auf weiteres, zumal die Verschuldung der Staaten  
seither überall zugenommen hat. Indem aber die alte Rivalität zwischen Aktien- und Zinsanlagen insofern aufgehoben wurde, als Zinsanlagen mittlerweile angesichts negativer Realzinsen auf absehbare Zeit vor allem in Euro­pa unattraktiv geworden sind. ln diesem Lichte betrachtet ist es eine äußerst erstaunliche Be­obachtung, dass die meisten An­leger - Deutschland ist hier das beste Beispiel - bis heute ihre traditionelle Asset Allokation nicht an die nachdrücklich und wohl dauerhaft verschobenen Attrakti­vitätsverhältnisse der Anlagegat­tungen angepasst haben.

Neben der Abschaffung auskömmlicher Zinsen hat sich die Gewinnentwicklung der Unter­nehmen als echter Treibsatz für die Aktienkurse gezeigt. Die Ge­winne des S&P  500  legten von ihrem Tief im März  2009 von 5,79 Dollar auf zuletzt 41,42 Dollar zu. Im Vorkrisenjahr 2007 und  damit am Zyklushoch hatten  die Gewin­ne bei  24,56 Dollar  gelegen. Ei­nen kräftigen Beitrag zu der star­ken Gewinnentwicklung pro Aktie lieferten Aktienrückkäufe der Un­ternehmen. Hier liegt auch eine Erklärung dafür, dass US-Aktien besser zulegen  konnten als euro­päische Dividendentitel.

Wenn man heute auf die Bewer­tungen der Aktienmärkte schaut, erblickt man eine rückläufige Gewinnentwicklung für das laufende Jahr, recht hohe Dividendenrenditen vor allem in Europa und Kurs­-Gewinn-Verhältnisse, die von ih­ren historischen Mittelwerten nicht allzuweit entfernt liegen. Das Börsenkorrekturjahr 2018 hat viele Bewertungen wieder in sehr annehmbare Sphären verscho­ben.

Das Wichtigste mag aber sein, dass zumindest in Deutschland alle wesentlichen Anlegergruppen heute angesichts des hiesigen Welt-Pessimismus - genau  wie vor zehn Jahren - in Aktien deut­lich untergewichtet sind. Ange­sichts der historisch niedrigen Kupons bei  Zinspapieren spricht jedoch alles dafür, dass Aktien auch in den kommenden Jahren besser rentieren als Bonds.

Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns


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