LOYS Capital Kolumne vom 25.09.2018

Selbstgemachtes deutsches Rentenfiasko
Langsam wird die Katze aus dem Sack gelassen. Bei der Sicherung der Alters­vorsorge seiner rasch alternden Bevölkerung haben zwei Generationen von Po­litikern komplett versagt. Jetzt aber rückt die Zeit heran, einen Offenbarungseid zu leisten.

Außer  den verantwortlichen Politikern  aller  Couleur  ist  niemand überrascht, dass die germanische Rententitanic auf einen seit dem Pillenknick der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts bekann­ten Eisberg zusteuert. Aber an­statt beherzt umzusteuern haben die politischen Eliten des Landes es vorgezogen, mit Slogans wie "Die Rente ist sicher" und der­ gleichen den Bürgern Sand in die Augen zu streuen. Zudem haben sie  es  durch  Auferlegung enor­mer Abgabenlast der Bevölke­rung schwer gemacht, für sich selbst im Rahmen der privaten Altersvorsorge anzusparen. Hinzutritt  das schwerwiegende Ver­säumnis, in Schulen und Universi­täten kaum - aber jedenfalls nicht hinreichend - über die Notwen­digkeit des Langfristsparens in Produktivvermögen zu unterrich­ten. Und zu allem Überfluss hat dann die Europäische Zentralbank im Nachgang zur amerikanischen Subprime-Krise und in Nachah­mung ihres Vorbilds USA positive Realzinsen dauerhaft abgeschafft.

Die Rente ist gescheitert
Nun steht Deutschland wie der nackte Kaiser aus Hans Christians Andersans Märchen da und stellt fest, dass in den letzten 50 Jah­ren völlig versäumt wurde, Rücklagen anzulegen beziehungswei­se das absehbar scheiternde Ge­nerationenmodell um starke Säu­len betrieblicher und privater Al­tersvorsorge zu ergänzen. Wie immer in solchen schmählichen Situationen fühlt sich niemand für das Desaster verantwortlich. Im Resultat müssen die Steuerzahler einen stetig wachsenden Teil der Rentenzahlungen erbringen. Glücklicherweise  sind die Steuer­zahler hierzulande Kummer ge­wohnt, sodass sie sich wohl ih­rem Schicksal  ergeben werden. Alle die hoffen, es könnte in Deutschland zu spürbaren Abga­bensenkungen kommen, sitzen einer  Chimäre auf. Nicht einmal die kalte Progression, also die fortwährende legale Enteignung der Bürger durch Nominalwertbe­steuerung ohne Inflationsanpas­sung wird gelingen. Und von der Abschaffung des unsäglichen so­ genannten Solidaritätszuschlages müssen wir ebenfalls Abstand nehmen.

Was  aber  machen unsere Politi­ker stattdessen: Sie geben Ver­balgarantien für die Sicherheit des Rentenniveaus bis ins Jahr 2025 ab. Neuerdings will man sogar das Rentenniveau bis 2040 garantieren.
Es ist völlig absurd. Ein Land, das unter chronischem Kindermangel leidet und von den Alten regiert wird, meint, dem gebeutelten und nicht zuletzt jungen Steuerzahler weitere Lasten auferlegen zu können.

5 Punkte, die der Staat berücksichtigen sollte
Tatsächlich sind jetzt mehrere Dinge zu tun.

Erstens muss es ökonomische Bildung zum Thema Sparen und Investieren geben. Dabei dürfen die hinreichend belegten Vorzüge von international gestreuten Ak­tienanlagen nicht länger ver­schwiegen werden.

Zweitens muss das Steuersys­tem rasch so umgebaut werden. dass sich private Altersvorsorge lohnt. Alle Privilegien der Zinsan­lagen sind zu streichen. Stattdes­sen sollten Erträge aus Aktienanlagen für die Altersvorsorge steuerfrei gestellt werden.

Drittens müssen weitere Abgabenerhöhungen vermieden und stattdessen begonnen werden, die Staatsausgaben zu senken. Da ein gezieltes Sparen augen­scheinlich nicht durchsetzbar ist, sollten alle Haushaltsposten pau­schal zehn Jahre lang jeweils um 1,5 Prozent gesenkt werden.

Viertens muss der Staat sich für einen Systemwechsel bei der Al­tersvorsorge vorbereiten, da der Generationenvertrag erkennbar scheitert. Sollte es in den nächs­ten zehn Jahren einen signifikan­ten Kurseinbruch  an den Aktien­ märkten geben, dann sollte die Regierung unverzüglich Schulden in Höhe von 500 Milliarden Euro aufnehmen und dieses Geld nach dem Vorbild des norwegischen Staatsfonds weltweit in Aktien investieren.

Fünftens muss die Rolle, Dimen­sion und Notwendigkeit des Berufsbeamtentums tabulos überdacht werden.


Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns


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